Kritik an Berliner Justiz: Attacke auf radfahrende Polizistin hat Konsequenzen
Der Tagesspiegel hatte über die ungestraften Angriffe einer Autofahrerin auf eine Berliner Polizistin berichtet. Nun zeigen sich Justizsenator, Polizeigewerkschaft und Leser empört - und solidarisch.
Der Tagesspiegel-Bericht über die ungestraften Angriffe auf eine Polizistin hat Konsequenzen. Wie in der Montagsausgabe berichtet, war eine radfahrende Beamtin auf ihrem Weg zum Dienst von einer Autofahrerin massiv bedrängt und angefahren worden, weil sie auf der Fahrbahn fuhr statt auf dem – nicht benutzungspflichtigen – Radweg.
Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren gegen die Autofahrerin nach mehr als einem Jahr ohne Auflagen eingestellt und den Fall auch auf eine Beschwerde der Polizistin hin nicht weiter verfolgt. Die Kommissarin hatte die Autofahrerin wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung angezeigt.
„Auch der Justizsenator kann dieses Vorgehen nicht nachvollziehen und hat bei der Staatsanwaltschaft einen Bericht über das Verfahren und die Einstellung angefordert“, teilte ein Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) nach Bekanntwerden des Falls mit.
Anklagebehörde lässt Anfragen unbeantwortet
Aus einer Polizeigewerkschaft war zu hören, der geschilderte Vorfall stehe exemplarisch für Entscheidungen der Justiz, die Polizisten als Sabotage an ihrer täglichen Arbeit empfänden. Mehrere Leser schilderten ähnliche Erfahrungen – und die Angst davor, aggressiven Verkehrsteilnehmern schutzlos ausgeliefert zu sein.
Ein Leser, der selbst jahrelang als Schöffe in Strafprozessen saß, kündigte an, die verantwortliche Staatsanwältin wegen Strafvereitelung im Amt anzuzeigen. Die Anklagebehörde ließ am Dienstag auch die dritte Anfrage des Tagesspiegels zu dem geschilderten Vorfall unbeantwortet.
Ein Notarzt aus Brandenburg schilderte, wie ein Autofahrer den mit Blaulicht und Martinshorn nahenden Einsatzwagen erst behindert habe und sich dann vor ihn setzte, um mehrere Autos riskant zu überholen. Auf eine Anzeige des Notarztes wegen Nötigung habe der Mann mit einer Gegenanzeige reagiert. Beide Verfahren seien eingestellt worden.
Die von den geschilderten Attacken betroffene Kommissarin, die seit 24 Jahren als Polizistin in Berlin arbeitet, berichtete von viel Zuspruch aus der Behörde, seit sie den Vorfall öffentlich gemacht hat. „Als Polizistin stecke ich das ja noch einigermaßen weg“, sagte sie über den Angriff. „Aber jemand anderes würde sich wohl nie wieder aufs Fahrrad trauen – oder aus Angst nur noch auf dem Gehweg fahren.“