Kreuzberger Flüchtlinge: Asylanträge werden jetzt bearbeitet
Den Flüchtlingen, die einst auf dem Oranienplatz und in der Gerhart-Hauptmann-Schule lebten, wurde eine Einzelfallprüfung ihres Asylantrags versprochen. Zum Stand der Dinge will die Senatsinnenverwaltung nichts sagen.
553 Flüchtlinge, die früher auf dem Oranienplatz oder in der Gerhart-Hauptmann-Schule lebten und inzwischen in Heimen und Hostels untergebracht sind, warten derzeit auf ihre Einzelfallprüfungen bei der Ausländerbehörde oder haben dort ihre Unterlagen schon vorgelegt. Die Senatsinnenverwaltung verweigert derzeit Auskünfte über den Stand der Dinge.
Ein großer Teil der Flüchtlinge war ursprünglich in anderen Bundesländern registriert, in denen dann auch die regulären Asylverfahren laufen. Andere sind über die italienische Insel Lampedusa mit italienischen Papieren nach Deutschland und Berlin gekommen. Bekannt ist lediglich, dass Innensenator Frank Henkel (CDU) stets betonte, dass Berlin keine Verfahren an sich ziehen wird.
Sowohl Rechtsanwälte, die die Flüchtlinge betreuen, als auch Berater der Diakonie und der Caritas haben bislang die Erfahrung gemacht, dass die Ausländerbehörde genauso verfährt. „Ob es eine Anweisung der Senatsinnenverwaltung an die Behörde gegeben hat, wissen wir nicht – nur, dass sie genauso restriktiv verfährt“, sagt eine Expertin. Bisher seien alle Anträge, ein Verfahren aus einem anderen Bundesland in Berlin zu führen, abgelehnt worden.
Umsetzung des Einigungspapiers
Das Einigungspapier, das Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) im März mit den Flüchtlingen aushandelte, sieht „eine umfassende Prüfung der Einzelfallverfahren im Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten“ vor. Und auch, dass die Ausländerbehörde die Flüchtlinge „beratend unterstützt“. Der gesamte Senat hat dieses Papier beschlossen. Oppositionspolitiker wie Fabio Reinhardt (Piraten) oder Hakan Tas (Linke) denken, dass durch das Handeln der Behörde die Vereinbarung unterlaufen wird. Die Fraktionschefin der Grünen, Ramona Pop, sieht den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in der Pflicht. Er habe in einer Regierungserklärung eine umfassende Einzelfallprüfung zugesichert.
Erste Abschiebungen
Den Flüchtlingen wurde zudem zugesagt, Abschiebungen für die Zeit der Verfahren auszusetzen. Aber immer wieder treffen Abschiebeverfügungen aus anderen Bundesländern ein. Nach Angaben von Tas waren in dieser Woche zwei Flüchtlinge betroffen, die ursprünglich aus Sachsen-Anhalt gekommen waren.
Die Integrationsbeauftragte Monika Lüke ist mit dem Vorgehen der Behörde nicht glücklich. Wie berichtet, war ein Gutachten zweier Ausländerrechtsexperten, das sie in Auftrag gegeben hatte, zu dem Schluss gekommen, dass Berlin sehr wohl inzwischen auch für diese Flüchtlinge zuständig sei. Integrationssenatorin Kolat teilt diese Auffassung. Aus Senatskreisen hört man, dass sie sich dafür einsetzt, dass die Vereinbarung entsprechend umgesetzt wird.
Sigrid Kneist