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Gute Nacht. Hier ruhen sich Flüchtlinge im Polizeiabschnitt 33 an der Perleberger Straße in Moabit aus.
© GdP

Flüchtlinge in Berlin: Asylantrag bei der Polizei

Zahlreiche Flüchtlinge melden sich direkt auf den Dienststellen. Beamte klagen über Bürokratie und Behinderung ihrer eigentlichen Arbeit.

Flüchtlinge, die erschöpft am Boden und auf Bänken von Polizeiabschnitten liegen. Genervte Beamte, die Asylsuchende registrieren und gegen diese „sinnlose Strafanzeigen“ erstatten, während ihre eigentliche Polizeiarbeit liegen bleibt: Dieses Bild von der derzeitigen nächtlichen Situation in vielen Berliner Polizeiabschnitten zeichnete am Freitag die Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Weil die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge (ZAA) in Moabit nur von 7 bis 20 Uhr und nur werktags anreisende Flüchtlinge registriert, aber abends geschlossen ist, würden immer mehr Neuankömmlinge zu späteren Zeiten sowie am Wochenende in den Polizeiabschnitten vorstellig, so der Kern der Kritik. Deshalb fordert die Gewerkschaft, die Zentrale Aufnahmestelle müsse schnellstmöglich rund um die Uhr besetzt sein.

Druck auf Abschnitte wächst

Jeder Asylbewerber, der sich direkt bei der Polizei melde, halte sich sich mindestens drei bis vier Stunden im jeweiligen Abschnitt auf, bis die gesamte Bürokratie erledigt ist, schreibt die GdP. Außergewöhnlich stark ist dadurch vor allem die Polizeistation an der Perleberger Straße in Moabit belastet, wie auch die Senatsinnenverwaltung bestätigt. Denn dieser Abschnitt liegt in der Nähe der Zentralen Aufnahmestelle. 2014 standen dort laut Innenverwaltung rund 700 Asylsuchende auf der Schwelle, in diesem Jahr waren es bis zum 26. August bereits mehr als 2250 Menschen .

Aber auch andernorts wächst laut GdP der Druck auf die Abschnitte, beispielsweise in der Nähe des Schöneberger Bahnhofs Südkreuz, wo viele Flüchtlinge bereits die Züge verlassen. Wenn die Aufnahmestelle nicht erreichbar ist und sich Asylsuchende direkt an die Polizei wenden, müssen die Beamten eine Erstregistrierung vornehmen sowie Asylanträge aufnehmen.

"Wir erfüllen unsere Aufgabe weiter ohne Abstriche"

Und sie haben noch eine dritte Pflicht, die aus Sicht der Gewerkschaft eine „völlig überflüssige strafprozessuale Maßnahme“ ist: Sie müssen gegen jeden Ankommenden ein Strafermittlungsverfahren einleiten. Denn jeder Ausländer, der aus einem Land außerhalb der Europäischen Union (EU) ohne Visum oder entsprechende Papiere einreist, begeht nach dem Ausländergesetz eine Straftat.

Begegnet er nach der Einreise zuallererst einem Beamten der Landes- oder Bundespolizei, so muss dieser nach dem sogenannten „Legalitätsprinzip“ umgehend gegen ihn Strafanzeige erstatten. Das geschieht laut GdP derzeit ständig auf den Abschnitten, obwohl diese Anzeigen „allesamt wieder niedergeschlagen werden“, kaum haben sich die Flüchtlinge wenig später bei der ZAA in Moabit vorgestellt.

Denn in diesem Augenblick nehmen sie gegenüber den zivilen Angestellten der Aufnahmestelle ihr Recht auf einen Asylantrag wahr. Wer tagsüber direkt zur ZAA kommt, gegen den wird folglich erst gar kein Strafverfahren eingeleitet.

Nach Darstellung der Polizeigewerkschaft führt die Zusatzbelastung der Abschnitte dazu, „dass Funkwagen stundenlang außer Gefecht gesetzt werden und Kieze dann „polizeilos“ sind. Dem widerspricht die Polizeiführung aber vehement: „Wir erfüllen unsere Aufgabe weiter ohne Abstriche.“

Am Wochenende werde sich vieles verbessern

Jeder Notruf werde sofort befolgt. Gleichwohl sieht man auch im Präsidium die „wachsende Belastung“ der Kollegen, „die nachts auch Getränke und Essen für die Flüchtlinge anschleppen und sich in jeder Hinsicht um sie kümmern“. Ausgeweitete Öffnungszeiten in Moabit, möglichst rund um die Uhr, würde deshalb auch die Polizei begrüßen.

Der zuständige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) setzt derweil eher auf eine dezentrale Lösung. Schon jetzt sind laut seiner Sprecherin etliche „Mobile Teams“ der Aufnahmestelle in den Notunterkünften unterwegs. Es sollen noch mehr werden, sie seien auch nachts ansprechbar. Zusätzlich plane man in der Kruppstraße in Tiergarten eine weitere Aufnahmestelle, die rund um die Uhr besetzt sein soll.

Und auch am Wochenende werde sich bald vieles verbessern. Samstags und sonntags sei das bundesweite Registrierungssystem bisher heruntergefahren gewesen. „Uns waren folglich die Hände gebunden“, sagt die Sprecherin. In Kürze soll das System aber ganzwöchig in Betrieb sein.

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