Steglitzer Kreisel bleibt leer: Asbestsanierung zieht sich, Wohnungen gibt's erstmal nicht
Seit Jahren steht in Berlin-Steglitz der Steglitzer Kreisel leer. Und die Asbestsanierung des 118 Meter hohen Gebäudes dauert immer länger. Jetzt gibt es auch noch einen Gerichtsstreit.
Die Asbestsanierung des Steglitzer Kreisels verzögert sich beträchtlich – und damit der Umbau zu einem schicken Wohnhochhaus. Eigentlich sollten die Schadstoffe in dem 118 Meter hohen Gebäude am südlichen Ende der Schloßstraße bis Januar 2015 beseitigt sein. Aber jetzt musste aus vergaberechtlichen Gründen die Sanierung der Obergeschosse neu ausgeschrieben werden. Die Arbeiten werden wohl bis April 2016 dauern.
Die CG-Gruppe, eine europaweit agierende Immobilien-Holding, muss deshalb ihre Pläne neu sortieren. Das Unternehmen will nämlich 178 Millionen Euro investieren, um den Kreisel in einen „City Tower“ mit 182 Wohnungen des gehobenen Bedarfs zu verwandeln. Mit Loggien und Balkonen, Fußbodenheizung und italienischen Fliesen. Die Bauarbeiten sollten im März 2015 beginnen und im November 2017 beendet werden, um das Hochhaus dann schlüsselfertig und voll vermietet weiterzuverkaufen.
Ohne eine komplette Schadstoffsanierung wird der Kreisel nicht bewohnbar
Jürgen Kutz, Geschäftsführer der CG- Gruppe, wollte sich am Dienstag nicht darauf festlegen, in welchem Umfang sich der Umbau des Kreisels zu einem Wohnhochhaus verzögern könnte. Er verwies im Gespräch mit dem Tagesspiegel auf die „zwischen allen Beteiligten vereinbarte Vertraulichkeit“. Natürlich gebe es „Abhängigkeiten“ zur laufenden Schadstoffbeseitigung. „Eventuell können wir aber in bestimmten Bereichen mit dem Umbau beginnen, bevor die Sanierung beendet ist“, lautet Kutz’ Prognose.
Klar ist jedoch, dass der Kreisel ohne eine komplette Schadstoffsanierung nicht bewohnbar wird. Verantwortlich für die Asbestbeseitigung ist das Land Berlin. Noch vor einem Jahr hatte die Finanzverwaltung des Senats stolz mitgeteilt, dass sich die Kosten der Asbestbeseitigung dank der EU-weiten Ausschreibung und eines „durchdachten Sanierungskonzepts“ von 31 auf 20 Millionen Euro senken ließen. Allerdings wusste die Finanzbehörde damals schon, dass es Probleme geben könnte, weil sich ein unterlegener Bewerber bereits im Januar 2013 bei der Vergabekammer des Landes Berlins beschwert hatte.
Die Planung verzögert sich um fast eineinhalb Jahre
Die zuständige Abteilung der Vergabekammer ließ den Fall jedoch untätig liegen, weil sie seit Frühjahr 2013 über kein Personal verfügte. Der Beschwerdeführer, die Firma H., zog daraufhin vor das Kammergericht. In einem Beschluss vom 20. Februar 2014 rügten die Richter, dass die Vergabekammer „die Aufnahme ihrer Amtstätigkeit in durchaus rechtsstaatswidriger Weise verweigert hat“. Außerdem hob das Gericht die Vergabe der Sanierungsarbeiten durch die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die für den Kreisel als öffentliches Gebäude zuständig ist, teilweise auf.
Die Begründung: Es habe eine „unzulässige Doppelbewerbung“ für die zwei Baulose gegeben. Für das deutlich größere Los 2 (Regel- und Technikgeschosse) hatte sich eine Bietergemeinschaft beworben und den Zuschlag erhalten, die fast identisch war mit dem Bewerber für das Los 1 (Untergeschosse). Wegen dieses Urteils schrieb die BIM den zweiten Teil des Sanierungsauftrages in diesem Monat neu aus. Zumal die Firma H., die nach ihrer erfolgreichen Beschwerde als neuer Sanierer hätte einspringen können, Insolvenz angemeldet hat. Das bestätigte die Sprecherin der BIM, Katja Cwejn.
Nach der Neuvergabe der Sanierung in den Obergeschossen des Kreisels sollen die Arbeiten im September beginnen und im April 2016 abgeschlossen sein. Dadurch verzögert sich die Planung um fast eineinhalb Jahre. Bisher sind nur die Sockelgeschosse des Hochhauses bis zur dritten Etage und das Treppenhaus saniert. In den Obergeschossen müssen noch 1500 Tonnen gesundheitsgefährdende Materialien und 1400 Tonnen normaler Bauschutt herausgeklopft werden. Die veranschlagten Gesamtkosten für die Asbestbeseitigung von 20 Millionen Euro seien „noch aktuell“, sagte Cwejn.
Hintergrund:
Mit dem Bau des Steglitzer Kreisels nach den Plänen der Architektin Sigrid Kressmann- Zschach wurde 1968 begonnen. Wenig später geriet das Projekt wegen explodierender Baukosten in die Schlagzeilen, der Bauträger ging pleite und im Zuge der Affäre trat der damalige Finanzsenator Heinz Striek (SPD) zurück. Das Hochhaus, das seit Fertigstellung 1980 dem Land Berlin und dem Immobilienkonzern Becker & Kries gehört, beherbergte bis 2007 das Bezirksamt Steglitz- Zehlendorf. Wegen der Asbestbelastung zog die Behörde aus, seitdem steht der Kreisel leer und wird jetzt erst saniert. za