Baustelle Unter den Linden in Berlin: Asbest und radioaktives Material in Staatsoper gefunden
Auf der Baustelle zur Sanierung der Staatsoper in Mitte sind Asbest und weitere hoch gefährliche Stoffe gefunden worden - in der Rauchmeldeanlage sogar radioaktive Substanzen. Die Piraten fordern, den Untersuchungsausschuss nicht zeitlich zu begrenzen.
Auf der Staatsoper-Baustelle haben Arbeiter bei den Sanierungsarbeiten krebserregendes Asbest und PCB sowie andere Giftstoffe gefunden, etwa in der alten Heizungsanlage. Auch radioaktive Substanzen wurden entdeckt - in der Rauchmeldeanlage. Dies geht aus einer Anfrage aus der Fraktion der Piraten im Abgeordnetenhaus hervor, wie der Vorsitzender der Fraktion und auch des Untersuchungsausschusses zum BER, Martin Delius, dem Tagesspiegel sagte.
Mit dem Fund der schädlichen Stoffe war zu rechnen: Bereits 2007 veröffentlichte die Gesellschaft für ökologische Bautechnik Berlin einen Bericht zur Schadstoffuntersuchung Berliner Staatsoper. Darin listete das Ingenieurunternehmen alle belastenden Stoffe auf – auch die radioaktiven Rauchmelder. Dabei handelt es sich um sogenannte Ionisationsrauchmelder. Ihre Sztrahlung ist sehr gering und somit im Normalfall unschädlich. Bei alten oder beschädigten Meldern können allerdings radioaktive Substanzen austreten. Ionisationsrauchmelder finden daher nur in Sonderfällen Verwendung, ihre Nutzung unterliegt in der EU mittlerweile strengen Vorschriften.
Knappe Zeit für den Untersuchungsausschuss
Im Vorfeld des geplanten Staatsoper-Untersuchungsausschusses stellt die Piratenfraktion laut Martin Delius viele Anfragen zum Thema der Baustelle, um die Arbeit des zeitlich eng befristeten Ausschusses inhaltlich vorzubereiten zu können. Dies sei nötig, da der Staatsoper-Untersuchungsausschuss nach Wunsch der Grünen auf eine Arbeitszeit von zwölf Monaten begrenzt sei, sagte Delius dem Tagesspiegel weiter. "Der Zeitdruck ist aber unnötig und nicht im Sinne der Verfassung", sagte Delius. Die aufwändigen Untersuchungen anzustellen und auch den Abschlussbericht innerhalb nur eines Jahres vorzulegen - das sei "eine knapp bemessene Zeit". Daher wollen die Piraten einen Antrag im Rechtsausschuss einbringen, nach dem der Ausschuss nichtzeitlich befristet werden solle.
390 Millionen - und mehr?
Wie dem Tagesspiegel weiter bekannt wurde, sei der Giftmüll aus der Staatsoper nach dem Fund fachgerecht entsorgt worden. Wirklich wichtig sei es jetzt, die großen Probleme der Baustellenplanung zu untersuchen, forderte die kulturpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus, Sabine Bangert. Sie hatte sich gemeinsam mit dem Linken-Kulturexperten Wolfgang Brauer für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses stark gemacht. Die Initiative dazu war nach Angaben von Piratenfraktionschef Martin Delius von seiner Partei ausgegangen. Wie berichtet, sollte die Sanierung der Staatsoper bereits 2013 fertig gestellt sein. Nun wird das Jahr 2017 genannt, die Kosten sind von 240 Millionen auf rund 390 Millionen gestiegen - bis jetzt. 200 Millionen davon trägt der Bund. Aber nicht mehr. Und es werden weitere Kostenexplosionen befürchtet.
Finanzen für Untersuchungsausschuss
Weil es in Berlin derzeit schon Enquete-Kommissionen und auch den BER-Untersuchungsausschuss gibt, sind in dem dafür vorgesehenen Haushaltstopf Berlins laut Bangert kaum noch Mittel vorhanden. "Hier brauchen wir dringend Mittel, um den verfassungsgemäßen Auftrag der Aufklärung erfüllen zu können", appellierte Bangert. am Dienstagabend. Die Zeichen stünden aber gut, und am Wochenende habe das Abgeordnetenhaus auch eine Juristenstelle ausgeschrieben. Der Darstellung der Grünen-Expertin widerspricht Martin Delius von den Piraten aber. Es gebe für jede Fraktion ausreichend Finanzen, um die Kosten für Organisation und Verwaltung des Staatsoper-Untersuchungsausschusses zu tragen. Der Aufklärungsarbeit stehe also nichts im Wege.
Millionenverluste bei Konzertkarten
Laut Sabine Bangert werde der Untersuchungsausschuss Ende April, Anfang Mai seine konstituierende Sitzung haben. Das Fiasko für den Senat und den Steuerzahler hat sich ergeben, nachdem während der Bauarbeiten immer neue Kostenfallen entdeckt wurden. Dies ist aber nach Ansicht der Oppositionsparteien vor allem einer schlechten Bauplanung zuzuschreiben. Es seien vorliegende, auch historische Dokumente zur Bodenbeschaffenheit nicht gesichtet, immer neue Änderungen in die Bauplanungen hineingeschrieben worden. Linke, Piraten und Grüne wollen auch wissen, warum die Freunde der Staatsoper nicht so viel Geld beigesteuert haben, wie sie anfangs versprachen. Auch dies hat laut Delius die Piratenfraktion über Anfragen ans Licht gebracht. Wegen des Umzugs ins vorübergehende Quartier Schiller-Theater habe es zudem Millionenverluste bei den Kartenverkäufen gegeben, kritisieren Oppositionsparteien.
Wassereinbruch an der Bühne
Bei den Bauarbeiten hatte es unter anderem Wassereinbrüche gegeben, und der völlig marode Bühnenturm musste aufwändig und teuer umbaut werden. Ein Tunnelgang zwischen Bühne und Probenraum mit Kulissen hob dann die Kosten noch weiter an. Der extrem teure Deckenumbau wegen minimaler Akustikwerte hat letztlich Millionen verursacht, so die Kritik.
Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sei als Ex-Stadtentwicklungssenator für mögliche Fehler bei der Sanierungsplanung zur Verantwortung zu ziehen, fordern die Oppositionsparteien.
Über die Giftstoffe hatte am Dienstagabend die RBB-Abendschau berichtet, der die Unterlagen zum Sondermüll auf der Staatsoper-Baustelle zu der Zeit exklusiv vorlagen.