Pläne fürs Tempelhofer Feld: Architektur-Wettbewerb zu Zentralbibliothek in der Kritik
Der Wettbewerb zur Gestaltung der neuen Zentralbibliothek auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof ist strittig. Teilnehmer fürchten Ideenklau.
Der Senat schafft Fakten auf dem Tempelhofer Feld. Am Montag tritt die prominent besetzte Jury zusammen, um die besten Entwürfe für Berlins größtes landeseigenes Bauprojekt zu prämieren: für die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB). 270 Millionen Euro will die Koalition für den Neubau auf dem Tempelhofer Feld ausgeben – die Opposition rechnet mit noch höheren Baukosten. Gewaltig ist der Widerstand von Anwohnern und Experten: gegen den Neubau und gegen den vom Senat festgelegten Standort. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung reagierte auf ihre Weise: Kurz vor Weihnachten startete sie lautlos und in aller Eile den „Ideenwettbewerb“ für Deutschlands größte Bibliothek. Eine „Hauruck-Aktion“, wie die Architektenschaft das unübliche Wettbewerbsverfahren kritisiert, mit Risiken.
„Der Wettbewerb wurde mit heißer Nadel gestrickt“, sagt Theresa Keilhacker vom Netzwerk Architekten für Architekten, er sei „juristisch anfechtbar“. Von „eklatanten Verfahrensfehlern“ spricht gar Architekturtheoretiker Falk Jaeger. Für Uwe Hamayer vom Architekten und Ingenieur-Verein ist es „klar, dass Nachteile entstehen, wenn wie hier gegen Wettbewerbsgrundsätze verstoßen wird“.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Die von der Wettbewerbsordnung geforderte Chancengleichheit aller Teilnehmer sei nicht gegeben. Auch die garantierte Anonymität der Wettbewerber, die Mauschelei und die Durchsetzung persönlicher Präferenzen von Juroren erschweren soll, werde für einen Teil der Architekten aufgehoben. Und im Landeswettbewerbsausschuss der Architektenkammer spricht man von einem aus der Not geborenen „Kompromiss“.
Dagegen versichert die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: „Das gewählte Verfahren wurde mit allen am Verfahren Beteiligten umfangreich abgestimmt und im Vorfeld diskutiert“. Der Vorwurf, dass Teilnehmer benachteiligt würden, sei „unbegründet“.
Und darum geht der Streit, dessen Einsatz Honorare in Millionenhöhe ist: Der Architekt, der Berlins größten landeseigenen Bauauftrag planen darf, wird im Verlauf von zwei miteinander verbundenen Wettbewerben ausgewählt. An diesem Montag und Dienstag wählt die Jury den Sieger der ersten Stufe aus: des „Ideenwettbewerbs“. Zehn Arbeiten werden es sein, die Mitte März in einer Ausstellung präsentiert werden sollen. Dann wird jeder die Gewinner kennen und alle Details ihrer Pläne. Den Auftrag bekommt aber keiner von ihnen. Vielmehr müssen sich diese Gewinner dann mit 30 bis 50 weiteren, vom Senat aus einem EU-weiten Bewerbungsverfahren ausgewählten Architektenbüros messen. Dies geschieht in dem zweiten, entscheidenden „Realisierungswettbewerb“. Wer diesen gewinnt, erhält den lukrativen Auftrag.
Weil die Jury in beiden Verfahren dieselbe ist, so lautet die Befürchtung, werden deren Mitglieder mit großer Wahrscheinlichkeit die Handschrift der Sieger aus dem ersten Wettbewerb wiedererkennen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hält dagegen, dass diese Gewinner des Ideenwettbewerbs ja „wieder anonymisiert“ würden. Außerdem würden sich deren Entwürfe im entscheidenden Realisierungswettbewerb im „Detaillierungs- und Bearbeitungsgrad“ von den Ideenentwürfen „stark unterscheiden“. Vor allem aber habe man durch das ungewöhnliche Verfahren „auch jungen und bisher unerfahrenen Architekten die Teilnahme an einem Wettbewerb für eine große und komplexe Bauaufgabe ermöglichen“ wollen.
Doch Teilnehmer am Ideenwettbewerb, die aus Angst vor Konsequenzen anonym bleiben wollen, sehen das anders. Sie fordern, dass wenigstens die Namen der Sieger des Ideenwettbewerbs anonym bleiben bis der Auftrag vergeben wird. Sie seien doch schon dadurch benachteiligt genug, erklären sie, dass sich alle anderen bedienen könnten aus den Ideen und Vorschlägen, die sie im ersten Teil des Wettbewerbs der Öffentlichkeit vorstellen mussten.