Bombardier hofft auf S-Bahn-Auftrag: Arbeitsplätze in Hennigsdorf gefährdet
Der S-Bahn-Ring braucht neue Züge. Doch wer soll die etwa 400 Wagen liefern? Eine Entscheidung mit Folgen: Bombardier droht mit Stellenstreichungen in Hennigsdorf, falls es keinen Auftrag zum Bau von Zügen gibt.
Einer wird verlieren. Mit Bombardier und Stadler warten im Berliner Raum gleich zwei Hersteller von Zügen auf den Auftrag für neue S-Bahnen. Der künftige Betreiber des Rings und dessen südöstlichen Zulaufstrecken muss immerhin knapp 400 Wagen beschaffen. Und Bombardier macht jetzt Druck: Sollte der Konzern beim Auftrag leer ausgehen, seien Arbeitsplätze am Standort Hennigsdorf gefährdet, sagte der Präsident von Bombardier Transportation, Lutz Bertling, dem „Handelsblatt“. Zurückhaltender ist Stadler-Sprecherin Katrin Block. Nur neue Aufträge sicherten auf Dauer die Arbeitsplätze, sagt aber auch sie.
Arbeitsplätze sind in Gefahr
Bombardier beschäftigt in Hennigsdorf rund 2200 Mitarbeiter, bei Stadler sind es in Berlin und Brandenburg rund 1200. Ziel der Branche ist es, jeweils für zwei Jahre volle Auftragsbücher zu haben. Der Bau der neuen S-Bahnen sei für Bombardier wichtig, um Arbeitsplätze zu sichern, der Standort in Hennigsdorf insgesamt sei aber nicht gefährdet, falls der Auftrag nicht an Bombardier ginge, sagte Sprecher Immo von Fallois.
Bombardier fährt doppelgleisig: Das Unternehmen hat sich als Betreiber für den Verkehr auf dem Ring beworben. Hauptkonkurrent ist hier die Deutsche Bahn mit ihrer S-Bahn-Tochter. Sollte Bombardier unterliegen, hofft man, wenigstens den Auftrag für die neuen Züge zu ergattern. Ein Modell hat man schon entwickelt. Die Deutsche Bahn und National Express aus Großbritannien haben bereits Ausschreibungen für den Bau von insgesamt 1380 Wagen eingeleitet, was für den Betrieb des gesamten Netzes reichen würde.
Im heutigen Bombardier-Konzern wurden auch die 500 Doppelwagen der Baureihe 481 produziert, deren Mängel in den vergangenen Jahren – neben den Managementfehlern und Wartungspannen – zur S-Bahn-Krise geführt hatten. Den Auftrag hatte zu Beginn der 1990er Jahre noch die Deutsche Waggonbau AG in Ammendorf erhalten; nachträglich wurde dann das Hennigsdorfer Werk beteiligt, das damals noch Adtranz gehörte. Bombardier war erst später eingestiegen. Aus Hennigsdorf stammten auch die Talent-Züge, deren Zulassung sich um mehrere Jahre verzögert hatte.
Stadler ist Bombardiers größter Konkurrent
Stadler baut in Pankow unter anderem U-Bahnen für die BVG. Auch die Kiss-Züge der Ostdeutschen Eisenbahn für den Regionalverkehr sind dort entstanden. Auf dem Programm stehen zudem Straßenbahnen. Für den Bau von S-Bahnen für Berlin hat sich Stadler mit Siemens zusammengeschlossen. Die Züge würden bei einem Zuschlag in Pankow entstehen, sagte Block.
Konkurrenz bei der Auftragsvergabe gibt es aber nicht nur im Berliner Raum. Zuletzt hat die Deutsche Bahn Züge auch in Polen und Tschechien bestellt. Hier gebe es „einen gnadenlosen Preiskampf“, sagte Bombardier-Präsident Bertling.