zum Hauptinhalt
Im vergangenen Jahr standen die Bühnen des Lollapalooza-Festivals noch im Treptower Park in Berlin.
© Sophia Kembowski/dpa

Musikfestival in Hoppegarten: Anwohner organisieren Widerstand gegen Lollapalooza

Erstmals findet das weltbekannte Festival in Hoppegarten statt. Das passt nicht allen. Kritiker sagen, das Festival gehöre nicht ins Naturschutzgebiet.

„Viele wissen ja gar nicht, was auf sie zukommt“, sagt eine Anwohnerin in der Nähe der Galopprennbahn Hoppegarten: „Es heißt immer nur, das wird eine schöne Veranstaltung so wie der Brandenburg-Tag im vergangenen Jahr. Was es bedeutet, wenn schätzungsweise 120.000 bis 160.000 Menschen kommen und zwei Tage lang laute Musik vor vier großen Bühnen hören, kann hier eigentlich keiner einschätzen.“

Deshalb fühlen sich viele Menschen in Hoppegarten und Neuenhagen vor den Toren Berlins nicht gut informiert. Oder besser gesagt: überhaupt nicht informiert. Dabei geht es doch um ein Großereignis der Superlative – das Musikfestival Lollapalooza. Am 9. und 10. September dieses Jahres soll es auf der Galopprennbahn Hoppegarten stattfinden.

2016 musste das Festival nach Treptow ausweichen

Wie die Zehntausenden nach Hoppegarten gelangen, wo sie ihre Autos parken, wie die Sicherheit für sie gewährleistet wird und vieles andere mehr ist auch wenige Wochen vor dem Festival noch völlig unklar. Auch deshalb formiert sich inzwischen der Widerstand. Im vergangenen Jahr war das ähnlich. Nachdem das Lollapalooza 2015 auf dem Tempelhofer Feld seine Europa-Premiere erlebte, musste es 2016 wegen der Flüchtlinge in den Treptower Park ausweichen. Dort protestierten die Anwohner, wehrten sich auch juristisch – am Ende allerdings vergebens.

Vor allem die Lärmbelästigung sei groß, berichteten viele und so verwunderte es eigentlich keinen, als die Veranstalter des Lollapalooza bekanntgaben, dass sie dieses Jahr nach Hoppegarten, sozusagen „raus aufs Land“ ziehen würden. Vielleicht habe man auch darauf gesetzt, dass die Brandenburger hier nicht so aufmüpfig wie die Berliner sein würden, sagt ein Mitglied des „Aktionsbündnisses für den Erhalt der Rennbahn im Grünen“.

Dem Bündnis schließen sich immer mehr Menschen an

Das Bündnis bekommt in diesen Tagen stetig neue Mitglieder, weil viele befürchten, dass das Lollapalooza nur der Auftakt zu weiteren immer größeren Veranstaltungen sein könnte. „Da die Rennbahn selbst in Teilen ausgewiesenes Landschafts- und Naturschutzgebiet ist, darf eine solche Veranstaltung nach geltendem Recht gar nicht genehmigt werden“, sagt Sven Francke, der Sprecher des Aktionsbündnisses.Deshalb habe es bislang immer Ausnahmegenehmigungen gegeben.

Kürzlich habe die Rennbahn einen Antrag bei der Gemeinde Hoppegarten auf Änderung des Flächennutzungsplans eingereicht, der aber – auch aufgrund der Proteste des Aktionsbündnisses – von den Gemeindevertretern abgelehnt wurde. Das wird auch der Landkreis Märkisch-Oderland tun, wie die Leiterin des Bauordnungsamtes, Carla Bork, dem Tagesspiegel bestätigte.

Das Aktionsbündnis prüft eine Klage

Für das Lollapalooza könnte es allerdings wieder Ausnahmeregelungen geben, wenn die entsprechenden Auflagen durch den Veranstalter und die Rennbahn erfüllt würden, sagte Bork. Genau das bezweifelt das Aktionsbündnis. „Weil das Verkehrsaufkommen bei etwa 160.000 Besuchern in einer 18.000-Einwohner-Gemeinde schlichtweg nicht zu bewältigen ist, will Lollapalooza auch eine Straße durch das Naturschutzgebiet führen“, sagt Sven Francke. „Das Naturschutzgebiet wird so unwiederbringlich zerstört werden und die dort lebenden Tiere, gerade das Wild, wird Richtung Bundesstraße 1 getrieben. Einen Wildzaun gibt es dort nicht.“

Deshalb fordere das Aktionsbündnis Akteneinsicht und prüfe eine Klage. Auch sollen Flugblätter gedruckt werden, um die Bevölkerung zu informieren. „Leider findet dies alles unter enormem Zeitdruck statt“, sagt Sven Francke. „Die desolate Organisation des Veranstalters und die damit einhergehende Salamitaktik im Umgang mit Informationen wird Lollapalooza nicht gerecht. Es ist ein großartiges Festival, das in die Weltmetropole Berlin gehört, aber nicht in ein Naturschutzgebiet.“

Kritisiert wird immer wieder die fehlende Information

Francke kritisiert weiter, dass unmittelbar an der Rennbahn eine Einrichtung mit Patienten liegt, die intensiv gepflegt und teilweise künstlich beatmet werden müssen. Der Einrichtung sei das Ausmaß des Festivals überhaupt nicht klar gewesen. Auch auf die ambulanten Pflegedienste, die von den Straßensperrungen und den Besuchermassen massiv beeinträchtigt würden, sei niemand zugegangen – überhaupt gebe es keine Information durch die Behörden. Die Gemeinde Hoppegarten weist diese Behauptung zurück.

Zur Vorbereitung des Festivals fänden aktuell verschiedenste Abstimmungen zwischen allen Beteiligten unter anderem zu Fragen des Verkehrs, des Brandschutzes, der Sicherheit und des Lärmschutzes statt, heißt es in einer Pressemitteilung. „Die abschließende Entscheidung in Form eines Bescheides ist seitens der Gemeinde für die 34. Kalenderwoche geplant.“ Zugleich soll am 16. August eine Informationsveranstaltung für alle Anwohner und Interessierten stattfinden.

Ob bis dahin alle Anträge durch die Gemeinde, die Untere Naturschutzbehörde und den Landkreis geprüft und entschieden sind, ist allerdings fraglich. Deshalb erscheint den meisten Mitgliedern des Aktionsbündnisses die Durchführung des Festivals schlichtweg zu riskant. „Die S-Bahn hat schon vor Längerem erklärt, dass sie schon den Rücktransport der Festivalgäste für problematisch hält“, sagt Sven Francke. „In Hoppegarten gibt es – im Gegensatz zum Olympiastadion – nur einen Bahnsteig und zwei Gleise. Das könnte bei Zigtausenden Menschen große Probleme bereiten.“

Zur Startseite