Vorfall bei der ITB: Antisemitische Pöbler offenbaren die Probleme der Sicherheitsbranche
Drei Wachschützer pöbeln am ITB-Stand Israels. Die Polizei kennt sie als Gewalttäter mit arabischem Hintergrund. Der Fall zeigt, was in der Sicherheitsbranche schiefläuft.
Der antisemitische Vorfall am Israel-Stand auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in der Berliner Messe hat erneut Missstände und Probleme in der Sicherheitsbranche offenbart. Drei Männer einer externen Wachfirma, die von der Messe mit dem Sicherheitsdienst beauftragt ist, waren am Donnerstag lautstark zum Stand der israelischen Tourismusagentur gezogen, schwenkten Schals mit dem Symbol der palästinensischen Fahne und riefen „Free Palestine!“, also „Freiheit für Palästina“. Daraufhin gab es an dem Stand ein Wortgefecht zwischen den drei Wachleuten und den Mitarbeitern des israelischen Tourismusministeriums.
Die drei Männer haben die deutsche Staatsbürgerschaft und einen arabischen Hintergrund, wie die Messe und Sicherheitskreise bestätigten. Nach Tagesspiegel-Informationen sind sie auch als Gewalttäter polizeibekannt. In der Vergangenheit waren sie durch Rohheitsdelikte wie Körperverletzung aufgefallen.
Die Polizei ermittelt nach dem Vorfall, aber nicht. Beamte waren am Israelstand dazwischengegangen, haben die drei Wachleute „zur Gefahrenabwehr“ aus der Messehalle geführt und die Personalien festgestellt. Die Rufe und Tücher stellten keine Straftat und keinen Verstoß dar, hieß es. Nach Angaben der Messe entschuldigten sich andere Mitarbeiter der Firma – ein Berliner Personaldienstleister – bei den israelischen Vertretern. Die drei Wachleute sind suspendiert und mit einem Hausverbot belegt worden. Sie waren bei der ITB für allgemeine Sicherheitsaufgaben eingesetzt.
In der Vergangenheit hatten Experten mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass in Berliner Sicherheitsfirmen junge Männer arbeiten, die Kontakte zu einschlägig bekannten Clans und radikalen Moscheen haben. Die Sicherheitsbranche stand regelmäßig in der Kritik – in etwa, weil sich Mitarbeiter von Wachdiensten in Flüchtlingsheimen skandalös verhalten haben. Es gab Berichte über gewalttätige Wachleute, darunter Neonazis, aber auch darüber, dass Asylbewerberinnen von Wachschützern in die Prostitution vermittelt würden.
Aus Sicht der großen Unternehmen in der Branche liegen solche Vorfälle an „schwarzen Schafen“. Und am heftigen Preiskampf. Bei Ausschreibungen würden oft die günstigsten Anbieter genommen, die aber nicht immer seriös seien. Die wiederum würden billige Arbeitskräfte einstellen und dafür keine abgeschlossene Ausbildung verlangen, sondern lediglich einen Sitzschein für 40 Stunden Unterricht bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). Bei dem Pflichtlehrgang gibt es keine Voraussetzungen wie einen Schulabschluss und auch keine Abschlussprüfung. Für einen Job auf der Tourismusmesse hätte das gereicht.
Seit Langem kritisiert der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) nun schon die geringe Qualifizierung, ebenso Manfred Buhl. Er ist Chef von Securitas, dem Marktführer und mit 6000 Mitarbeitern in Berlin-Brandenburg auch einer der größten Arbeitgeber der Region. Im vergangenen Jahr hatte Buhl dem Tagesspiegel gesagt, dass er zwar von jedem neuen Mitarbeiter ein polizeiliches Führungszeugnis verlange, aber „da steht nicht drin, was ein Mensch glaubt und denkt, sondern ob er in jüngster Zeit mal kriminell war, verurteilt wurde. Und selbst da gibt es Burschen, die das fälschen.“ Zudem gründen sich ständig neue Wachfirmen. Im Gewerbe grassiere „Wildwuchs“, bestätigte kürzlich der Bundesverband. Zwar hätten die meisten der bundesweit 270 000 Objekt- und Veranstaltungsschützer die vierwöchige Basisausbildung absolviert, erklärte der BDSW 2017, aber das reiche nicht immer.
Speziell im Messegeschäft werden, so sagt es ein Branchenkenner, kurz vor der Eröffnung neue Mitarbeiter eingestellt, die dem Arbeitgeber gänzlich fremd sind. Da die wachsende Branche händeringend Mitarbeiter suche, würden nun auch jene genommen, die vor ein paar Jahren noch keine Chance hatten – junge Männer mit schlechten Aufstiegschancen. Das beträfe in Berlin oft Söhne arabischer Familien, die inzwischen zu Dutzenden in Wachfirmen arbeiten würden.
Vor den ITB-Ständen aus der Türkei, die gerade im kurdisch-syrischen Afrin einmarschiert, oder aus Ägypten, wo es massiven Protest gegen die Regierung gibt, pöbelte bei der ITB übrigens niemand. Große Sorgen bereitet der Messe nach dem Vorfall vor dem Israel-Stand nun der Antisemitismusvorwurf. Das hat auch mit weit verbreiteten Wissenslücken zu tun, was Antisemitismus ist. Selbst die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich am Freitagmorgen verhoben: In einem Tweet sprach die GdP von „offenbar politisch aufgewühlten“ Männern, was eine breite Debatte bei Twitter ausgelöst hat. Die israelische Botschaft hielt dagegen: „Müssen wir wirklich erklären, was das Hauptproblem ist?“ Gemeint ist Antisemitismus. Von der Wissenschaft und von der Bundeszentrale für politische Bildung werden auch Ablehnung und Verdammung des Staates Israel als Antisemitismus eingestuft – als antizionistischer, wie er etwa von arabischer Seite kommt. Auch an Berliner Schulen ist – wie berichtet – der Antisemitismus muslimischer Jugendlicher ein wachsendes Problem. Alexander Fröhlich,
Hannes Heine, Marie Rövekamp