Das Thema ist sperrig. Allein schon der Titel: „Community Organizing“. Aber es ist auch eine gute Idee – in diesen beiden Punkten waren sich alle einig, die am Mittwochvormittag zur ersten Veranstaltung in den neuen Räumen der Körber-Stiftung am Potsdamer Platz gekommen waren. Man wollte diskutieren, wie „die amerikanische Idee von der direkten Teilnahme an der Demokratie in Berlin stärker verankert werden kann“, wie Eveline Metzner von der Stiftung sagte.
Sie hatte Vertreter von Unternehmen, anderen Stiftungen, Medien, Politk und Bürgerplattformen eingeladen. Unter ihnen wollten sie Unterstützer für diese Form des Bürgerengagements finden. Kernidee ist, dass die Bürger selbst ihren Kiez ändern, und zwar in Projekten, die die gesamte Struktur eines Stadtteils verändern – und sich nicht in kleinen einzelnen Projekten erschöpfen.
An Metzners Seite: Leo Penta, Spezialist dafür, Bürger zu motivieren, ihre maroden Stadtteile ordentlich aufzupolieren. Der in New York geborene Professor an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin gilt als „Sanierer von Brooklyn“. Und auch in Berlin hat er schon einiges bewirkt: Auf seine Initiative hin organisierten sich vor acht Jahren zum Beispiel die Bewohner des Stadtteils Schöneweide: Die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) zog in leerstehende Industriegebäude in dem Stadtteil, aus dem die Firmen abgewanderten. Sie verhinderten auch die Schließung einer Schule und sorgten dafür, dass eine Straße gebaut wurde. Anfangs seien sie nur zu viert gewesen, heute schon mehrere Hundert, berichtete die 76-jährige Ursula Glatzel von „Organizing Schöneweide“. „Vorher waren wir ,die Proleten’ – daran wollten wir etwas ändern“, sagt Ursula Glatzel. „Jetzt ziehen wieder junge Familien dorthin.“
„Der Stadtteil wurde nur Oberschweineöde genannt“ wirft Penta ein. Der Theologe und Experte für „Gemeinwesen“ hat auch ein Handbuch über Community Organizing geschrieben. Und er veranstaltet regelmäßig Seminare, um Bürger zu schulen, die sich organisieren wollen. So wie Mahmoud Bargouth aus Moabit. Der arabischstämmige Berliner gehört zur „Plattform Wedding“. „Wir wollen, dass Polen, Araber, Türken, Deutsche zusammenarbeiten – und Moscheen mit Kirchen und Gemüsehändlern“, sagt Bargouth.
Die Vertreter von Unternehmen zeigten sich interessiert „an funktionierenden Nachbarschaften“, sagte Thomas Zinnöcker von der Wohnungsbaugesellschaft GSW. Das sei ein Standortfaktor. Firmen, die sich sozial engagieren wollten, brauchten aber einen gleichwertigen Partner, keine „kleinen Spendenempfänger“, ergänzte Norbert Taubken von der Agentur Scholz & Friends, der Unternehmen in solchen Dingen berät. Das sollen die Bürgergemeinschaften sein.
Begeisterung also auf ganzer Linie? „Nein, nicht bei den Politikern“, sagt Warnfried Dettling. Er ist Politikberater und Spezialist für das Thema „Zivilgesellschaft“. Es falle den meisten Politikern noch schwer die Aktionen nicht als chaotische Einmischung und Konkurrenz zu empfinden.
Bärbel Magels-Keil erhebt da Einspruch: „Berlin hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen.“ Seit Anfang des Jahres gebe es eine Beauftragte des Senats dafür. Die habe an diesem Vormittags „terminliche Verpflichtungen“ und Referentin Magels-Keil als Vetretung geschickt. Auch die anderen eingeladenen Politiker hatten abgesagt.
Auch Stiftungen können ihre Geldgeber oft nicht von dem Modell überzeugen, denn Resultate sieht man erst nach längerer Zeit. Nach Pentas Methode sollen die Bürger nämlich nicht mit konkreten Themen starten, sondern sie erst gemeinsam entwickeln. „Es gibt eben nicht nach kurzer Zeit tanzende russische Kinder zu sehen“, sagte Katrin Sachs von der Initiative Bürgerstiftungen. Ein sperriges Thema eben. Daniela Martens
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