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Tatort U-Bahnhof Schönleinstraße ein. Am Morgen des 25.12.2016 sollen dort jugendliche Flüchtlinge einen Obdachlosen angezündet haben. Sie stellten sich der Polizei.
© Paul Zinken/dpa
Update

Obdachloser in Berlin angezündet: Anklage wegen Mordversuchs erhoben

In der Nacht zum 25. Dezember zündeten sechs junge Flüchtlinge in einer U-Bahnstation einen Obdachlosen an. Der Mann hätte "qualvoll verbrennen können", sagt die Staatsanwaltschaft.

Die jungen Männer, die Weihnachten versucht haben sollen, einen schlafenden Obdachlosen anzuzünden, sind wegen versuchten Mordes angeklagt worden. Das teilte die Berliner Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Sie wirft den jungen Asylsuchenden zwischen 16 und 21 Jahren vor, in der Nacht zum 25. Dezember 2016 brennbare Gegenstände „in unmittelbarerer Nähe des Kopfes“ des Obdachlosen angezündet zu haben. Die zuständige Jugendkammer des Landgerichts muss die Anklagen noch zur Hauptverhandlung zulassen.

Anklage: Mann hätte qualvoll verbrennen können

Der obdachlose Mann aus Polen lag auf einer Bank im U-Bahnhof Schönleinstraße. Die Staatsanwaltschaft teilte mit: „Die Angeschuldigten sollen dabei erkannt und billigend in Kauf genommen haben, dass der schlafende Geschädigte durch ungehindertes Ausbreiten des Feuers qualvoll hätte verbrennen können.“ Erst Fahrgäste einer einfahrenden U-Bahn löschten die Flammen. Die sechs Männer waren von Überwachungskameras gefilmt worden – und stellten sich bis auf den mutmaßlichen Haupttäter der Polizei. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Mit dabei war ein 17-Jähriger, dem die Staatsanwaltschaft nun unterlassene Hilfeleistung vorwirft, „weil er sich vom Tatort entfernt haben soll, ohne etwas gegen die Ausbreitung des Feuers zu unternehmen oder Hilfe herbeizuholen“. Versuchter Mord wird mit einer Gefängnisstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.

Innenverwaltung: Wir verfolgen Straftaten unabhängig von Nationalität

Die Tat löste, wie berichtet, eine Debatte um Gewalt durch junge Flüchtlinge aus. Die Angeklagten stammen mehrheitlich aus Syrien, kamen ohne ihre Eltern nach Berlin und lebten hier in betreuten Wohngemeinschaften. Unter Sozialarbeitern und Erziehern wird diskutiert, wie verhindert werden kann, dass junge Flüchtlinge kriminell werden. Außerdem forderten Kreuzberger immer wieder Maßnahmen gegen die Gewalt vor allem am Kottbusser Tor – hier und an anderen U8-Stationen wurden zuletzt junge Männer aus Nordafrika und dem Nahen Osten wegen Gewalt- und Drogendelikten festgenommen. Martin Pallgen, der Sprecher der Senatsinnenverwaltung, sagte: „Wir unterteilen die Stadt nicht in gute oder schlechte Teile, wenn es um Kriminalität geht. Wir verfolgen Straftaten unabhängig von Nationalitäten, Aufenthaltsstatus oder Stadtviertel.“

Linkspartei: Wer an der Justiz spart, darf sich nicht wundern

Auf die Lage unbegleiteter Jugendlicher hatte zuletzt Monika Herrmann (Grüne), die Bezirksbürgermeisterin von Kreuzberg-Friedrichshain, aufmerksam gemacht. An diesem Freitag lädt Hermann zu einem Krisentreffen mit örtlichen Jugendhilfeträgern. Dabei soll es darum gehen, was Sozialarbeiter und Betreuer brauchen – und ob die Instrumente der Jugendhilfe für diese Klientel noch ausreichen. Der Chef der Linkspartei im Bezirk, Pascal Meiser, sagte: „Es braucht ein Gesamtkonzept. Dazu gehört eine andere Flüchtlingspolitik, die wirklich auf Integration setzt, und eine Ausweitung der Straßensozialarbeit. Aber auch mehr Polizeipräsenz vor Ort – und vor allem schnelle Verfahren, damit Tätern klar wird, dass sie sich für ihr Tun verantworten müssen.“ Wer am Personal in der Justiz spare, dürfe sich nicht wundern, wenn Straftäter die Gesetze nicht mehr ernst nehmen.

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