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Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19.12.2016.
© Bernd von Jutrczenka/dpa
Update

Attentat auf Berliner Breitscheidplatz: Anis Amri wurde möglicherweise von V-Mann angestachelt

RBB und "Morgenpost" berichten, ein V-Mann des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes mit Bezug zu Amri habe zu Anschlägen mit LKW aufgefordert.

Ein V-Mann soll Anis Amri, den Attentäter vom Breitscheidplatz im vergangenen Dezember, zu Anschlägen angestachelt haben. Der als Spitzel des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) tätige Mann war im Umfeld des islamistischen Predigers Abu Walaa aus Hildesheim aktiv und näher an Amri dran, als bislang bekannt. Das berichten die „Berliner Morgenpost“ und der RBB. Sie berufen sich auf mit der Szene befasste Anwälte und frühere Anhänger der sogenannten Abu-Walaa-Gruppe.

Abu Walaa steht derzeit vor Gericht

Der V-Mann ist türkischer Herkunft und wurde als sogenannte „Vertrauensperson“ VP-01 und als „Murat“ von der Landespolizei in Düsseldorf geführt. In anderen Fällen hatte er die Behörden offenbar über gefährliche Islamisten informiert. Unbestätigten Angaben zufolge befindet er sich im Zeugenschutz. VP-01 soll im vergangenen Jahr in der Szene von einem Anschlag mit einem Lkw gesprochen haben, und dass es dafür „gute Männer“ brauche. Bekannt war, dass VP-01 im Umfeld der Abu-Walaa-Gruppe aktiv war – einer festen Clique von Anhängern des „Islamischen Staates“, die vor allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen aktiv war.

Abu Walaa heißt eigentlich Ahmad Abdulaziz Abdullah A. und ist irakischer Flüchtling, der 2001 nach Deutschland kam. Derzeit wird gegen ihn wegen Terrorismusvorwurfs vor dem Oberlandesgericht Celle verhandelt.

Kenntnis des ehemaligen NRW-Innenministers Jäger unklar

„Morgenpost“ und RBB zufolge hat ein Mitglied der Gruppe kurz nach dem Anschlag ausgesagt, statt zum Krieg in den Nahen Osten zu ziehen, habe VP-01 zu Abu-Walaa-Anhängern gesagt: „Komm, du hast eh’ keinen Pass, mach hier was, mach einen Anschlag.“ Inwiefern der bis Juni 2017 amtierende NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) von den Vorgängen wusste, war am Donnerstag nicht zu klären. An diesem Freitag tagt in Düsseldorf der Amri-Untersuchungsausschuss erneut, um mögliche Versäumnisse aufzuklären. Am 10. November trifft sich der entsprechende Ausschuss des Berliner Landesparlaments. Ein Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte, von den V-Mann-Vorwürfen habe man am Donnerstag aus der Presse erfahren.

Rechtlich ist geregelt, dass V-Personen nicht zu Straftaten animieren dürfen. In der Praxis dürfte das dennoch regelmäßig geschehen, schon weil die meisten Spitzel aus kriminellen Milieus stammen.

Schon Sonderermittler Bruno Jost warf Polizei und Justiz schwere Fehler vor

Im Fall Amri gab es zahlreiche Pannen. „Es gab in fast allen Bereichen Fehler, Versäumnisse, Unregelmäßigkeiten oder organisatorische und strukturelle Mängel unterschiedlicher Schwere“, hatte der vom Senat eingesetzte Sonderermittler, Ex-Bundesanwalt Bruno Jost, kürzlich gesagt. Das ZDF wiederum meldete vor wenigen Tagen, dass ein Nachbar Amris in einer NRW-Asylunterkunft die Behörden vor dem späteren Attentäter gewarnt habe.

Demnach schilderte der Syrer im Herbst 2015 dem Sozialarbeiter seines Heims und im Sommer 2016 einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, dass Amri ein gefährlicher Islamist mit Kontakten zum „Islamischen Staat“ sei. Die Polizei habe den Zeugen aber erst nach dem Berliner Anschlag vom 19. Dezember 2016 vernommen.

Amri war ein 24 Jahre alter Asylbewerber aus Tunesien, handelte mit Drogen, stahl, prügelte und besuchte einschlägige Moscheen in Berlin. Mit einem entführten Laster raste er in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz. Zwölf Menschen starben, rund 60 wurden verletzt.

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