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Die Schauspielerin Natascha Ochsenknecht lässt sich im Berlin Dungeon zwei Eimer Eiswasser über den Kopf schütten.
© dpa

Ice Bucket Challenge in Berlin: Ambulanz für seltene Krankheit ALS zieht Bilanz

War die „Ice Bucket Challenge“ nur Jux und Dollerei? Das Geld der Internet-Spendenaktion kommt unter anderem der Berliner ALS-Ambulanz zugute. Wie viel Geld die Internetaktion gebracht hat, weiß ein Fachmann für die seltene Krankheit, um die es dabei geht.

Mit Eiswasser duschen und für den Kampf gegen eine seltene Krankheit werben: Die Internetaktion „Ice Bucket Challenge“ hat der Berliner ALS-Ambulanz nach eigenen Angaben 1,6 Millionen Euro Spenden gebracht. Das Geld soll der Ambulanz und der Forschung zugutekommen, wie Leiter Prof. Thomas Meyer der Deutschen Presse-Agentur sagte.

„Der große Ansturm ist nun zwar vorbei, aber die hohe Summe hat unsere Arbeit auf einen etwas längeren Zeitraum gesichert“, ergänzt Meyer. Die Ambulanz an der Charité-Klinik kümmert sich um Patienten mit der unheilbaren Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Diese Krankheit führt zu einer Schädigung von Nervenzellen. Etwa die Hälfte der Patienten stirbt innerhalb der ersten drei Jahre. Nur in Ausnahmefällen leben sie länger als ein Jahrzehnt mit der Krankheit. Bundesweit gibt es laut Meyer zwischen 7000 und 8000 Betroffene.

Die Krankenhäuser können die Spenden gut gebrauchen

Etwa 800 Patienten mit ALS werden derzeit in Berlin betreut. Die meisten von ihnen kommen aus dem Nordosten Deutschlands. Allein die Kosten für Betrieb und Weiterentwicklung der Ambulanz beliefen sich auf 550 000 Euro im Jahr - unter anderem, weil die Krankenkassen nur 20 bis 30 Prozent der Kosten für das Ambulanzpersonal übernähmen, berichtete Meyer.

Die „Ice Bucket Challenge“ war ein riesiger Hype im Sommer: Dabei stellten die Teilnehmer entweder ein Video von ihrer Eiswasserdusche ins Netz und/oder spendeten. Auch viele Prominente machten mit, von Bill Gates bis Helene Fischer. Bei der amerikanischen ALS Association kamen durch die Aktion 115 Millionen Dollar (92 Millionen Euro) zusammen.

„Es war ein Strohfeuer, aber extrem positiv“, bilanzierte Charité-Fachmann Meyer. Die Zahl der Spender stieg demnach bei der Eiswasseraktion auf 34 000 - vorher waren es 100, wobei diese oft größere Summen gaben.

Zur Kritik, das Ganze sei nur ein Jux, sagt Meyer: „Die Verbindung von Spaß mit einem seriösen Anliegen an sich finde ich unverändert gut und erfolgreich.“ Ihn stört es allerdings, wenn bei den Eiswasserduschen ALS mit keinem Wort erwähnt wird. Bei fast allen Patienten sei die Aktion gut angekommen. Weitere Spenden würden bei der Ambulanz „unbedingt“ gebraucht.

„Wir haben nun eine Stelle Ambulanzpersonal aufgestockt“, sagte Meyer. Auch zusätzliche Forschungsarbeit ist geplant. Ausgehend von Berlin hat sich seit 2011 ein bundesweites ALS-Versorgungsnetzwerk gegründet, das von den ALS-Ambulanzen in Bochum, Dresden, Hannover, Jena, Ulm und Wiesbaden genutzt wird. Dieses Netzwerk werde mit 200 000 Euro aus dem Spendentopf unterstützt.

Worum geht es?

Bei der «Ice Bucket Challenge» (Eis-Eimer-Herausforderung), einem Trend auf sozialen Netzwerken, werden Videos gepostet, in denen sich der Spender mit Eiswasser übergießt, und drei weitere Menschen nominiert. Diese übergießen sich ebenfalls mit Eiswasser (oder eben nicht) und nominieren weitere potenzielle Spender. Natürlich kann auch gespendet werden, ohne sich mit Eis abzukühlen.

Es war ein Internet-Phänomen des Jahres 2014: Allein auf YouTube wurden eine halbe Million Videos angesehen, ebenso auf Facebook. Mit dabei sind sogar die Zeichentrickfigur Homer Simpson oder Ex-US-Präsident George W. Bush.

Hierzulande sorgte vor allem das Video des Grüner Politikers Cem Özdemir für Aufsehen: Nominiert von FDP-Chef Christian Lindner nahm Özdemir die Challenge an und begoss sich auf seinem Berliner Balkon. Mit auf dem Bild war allerdings auch eine große Hanfpflanze. Unklar ist, ob dies ein Versehen war oder ob Özdemir – wie er selbst im Nachhinein sagte – ein politisches Statement für die Legalisierung von Cannabis setzen wollte, wie von den Grünen gefordert.

Auch die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid Nikutta, nahm an der Challenge teil. In einem Youtube-Video ist zu sehen, wie ein BVG-Mitarbeiter die 45-Jährige direkt auf dem U-Bahnhof Alexanderplatz in Mitte mit einem Eimer Wasser übergießt. Zuvor stellte sich Nikutta der Herausforderung mit den Worten: "Sie werden sehen, was Sie davon haben". Am Ende sagte sie, völlig durchnässt: "Es ist gar nicht so schlimm. Aber das geht bis auf die Unterwäsche."

Auch Angela Merkel war unter den Nominierten, machte den Hype jedoch nicht mit. „Ich bitte um Verständnis, dass wir grundsätzlich nicht darüber berichten, wem die Bundeskanzlerin persönlich Geld spendet", erklärte ihr Sprecher Steffen Seibert.

„Ice Bucket Challenge“ ist der am sechst-häufigsten gesuchte Internetbegriff des Jahres. Bei den beliebtesten Themen des Jahres 2014 auf Facebook belegte die Aktion den Platz Acht. Ob die Rekord-Einnahmen tatsächlich die Nervenkrankheit ALS besiegen können, ist höchst ungewiss. mit dpa

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