Gefährliches Unkraut: Ambrosia ist auf dem Vormarsch
Sie kam über Getreidehilfslieferungen nach dem Zweiten Weltkrieg von Nordamerika aus nach Südeuropa. Von da an breitete sie sich gen Norden aus: Die Ambrosia ist hochallergen und inzwischen auch in Berlin angekommen.
Jeder weiß, dass man vom Fliegenpilz die Finger lassen sollte. Seine rote Farbe ist ja schon Warnung genug. Bei Ambrosia ist das anders: Sie sieht nicht gefährlich aus. Sogar in Blumenvasen soll das zierliche Gewächs schon gelandet sein. Dabei sind seine Pollen aggressiver als die jeder anderen Pflanze in Deutschland.
Thomas Dümmel macht sich deswegen Sorgen – um die Menschen und um das Gesundheitssystem. Der Meteorologe kämpft seit Jahren gegen Ambrosia. Ursprünglich stammt sie aus Nordamerika. Mit Getreidehilfslieferungen nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte sie nach Südeuropa. Seither verbreitet sich Ambrosia immer weiter. Seit 2006 gibt es sie auch in Berlin. „Inzwischen ist schon die ganze Stadt betroffen“, sagt Dümmel.
In Ungarn schon mehr als dreißig Prozent Allergiker
Derzeit steht sie in voller Blüte. Der Wind verbreitet die Pollen, die zu den stärksten Inhalationsallergenen überhaupt gehören: Schon fünf in einem Kubikmeter Luft reichen aus, um bei Betroffenen allergische Reaktionen hervorzurufen. Bei Birken sind mehr als zehn Mal so viele nötig.
In Ungarn, wo der Kampf gegen Ambrosia bereits aufgegeben wurde, sind heute mehr als dreißig Prozent der Menschen Allergiker. Das führt auch zu entsprechenden Kosten, durch Arbeitsausfälle für die Unternehmen, durch neue Behandlungskosten für die Krankenkassen. Allein durch die Allergie sollen dort jährliche Kosten von mehr als 140 Millionen Euro entstehen. Auch Martin Metz von der Charité kennt das Problem. „Wenn sich die Pflanze weiter verbreitet, dann steigt auch die Pollenkonzentration in der Luft und damit die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Menschen mit den Pollen in Berührung kommen.“
Vor fünf Jahren hat Thomas Dümmel mit dem Institut für Meteorologie an der FU Berlin eine Initiative ins Leben gerufen: Das „Aktionsprogramm gegen Ambrosia“. Dümmel bildet Scouts aus, die seit 2010 durch die Straßen ziehen und ausgerüstet mit Säcken und Handschuhen nach Vorkommen suchen. Sie kartieren diese und, wenn möglich, beseitigen sie sie an Ort und Stelle. Im Internet führt Dümmel seit 2006 einen Ambrosia-Atlas, der genau zeigt, wo wann wie viele Exemplare gesichtet wurden. Der Höchststand war bislang 2010 erreicht.
Der Kampf gegen das Unkraut ist schwierig
Probleme bereitet vor allem eines: Ambrosia kommt in Deutschland inzwischen in zwei Arten vor. Die eine ist einjährig und stirbt über den Winter vollständig ab. Durch Ausreißen ist ihr relativ gut beizukommen. Die andere wächst dagegen mehrjährig. Ihre Wurzeln treiben im Frühjahr erneut aus, und schon winzige Reste im Boden genügen, dass sich die Pflanze wieder vollständig regeneriert. Kein Wunder, dass der Name Ambrosia so viel wie Unsterblichkeit bedeutet.
Die Pflanze verbreitet sich vor allem über Baufahrzeuge, die Erde transportieren. „Die Baufirmen sollten deshalb, wenn sie Baulöcher mit Erde auffüllen, für die oberen Schichten nur noch saubere Erde verwenden.“ Wenn Samen oder Wurzelreste nämlich tiefer als einen halben Meter im Boden liegen, habe auch die Mehrjährige keine Chance, sich neu zu entwickeln. Die Firmen oder Bauherren dafür in die Pflicht zunehmen, das sei nur für die Politik möglich, sagt Dümmel. Doch dort stoße er bislang auf taube Ohren. „Es wäre verheerend“, sagt er, „wenn erst dann etwas geschieht, wenn wir das Unkraut nicht mehr beseitigen können.“
Stefan Kuhfs
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