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Immer nur allein, allein? Unsere Autorin packt die Verzweiflung.
© picture alliance / dpa

Corona als Gau für Alleinlebende: Alle dürfen jemanden treffen, nur ich nicht – weil ich Single bin

Die neuen Berliner Coronaregeln verbieten nach 21 Uhr Kontakte. Das geht zu weit. Wir Singles sind auch noch da, vergesst uns nicht! Ein Aufschrei.

Seit rund einem Jahr ist jetzt Corona, gelten Kontaktbeschränkungen - und gleich zu Beginn war in mir die leicht panische Frage „wen kann ich wann, wo und wie jetzt noch treffen?“ präsent. Denn: Ich bin Single, habe keine Kinder und lebe alleine.

Ich war dankbar, dass es bis jetzt nie eine Ausgangssperre gab, und habe mich immer gefragt, wie es Menschen in Frankreich und vielen anderen Ländern damit wohl gehe.

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Dass der Regierende Bürgermeister noch Anfang März beim Ringen um weitere Kontaktbeschränkungen darauf hinwies, dass Berlin die Hauptstadt der Singles sei und darum gewisse Regelungen hier nicht gingen, veranlasste mich das zu einem kleinen Freudentanz, so sehr freute mich seine klare Haltung. Aber die hat er wohl inzwischen vergessen.

Am Donnerstagabend las ich auf berlin.de die neuen Verordnungen des Senats, die gegen die dritte Welle helfen sollen, und da steht wortwörtlich: „Zwischen 21:00 und 5:00 Uhr des Folgetages sind Zusammenkünfte mit haushaltsfremden Personen verboten. Ehe- oder Lebenspartner*innen und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht, sind davon ausgenommen.“

Mich packte Verzweiflung und auch Wut: Weil ich keinen festen Lebenspartner habe, soll ich nach einem harten und anstrengenden Winter jetzt noch mal bestraft werden, indem ich keine EINZELNE Person mehr ab 21 Uhr in meiner oder deren Wohnung treffen darf? Nach DIESEM Winter - jetzt noch DAS? Jeder darf irgendjemand treffen - nur ich nicht? Weil ich Single bin?

Ich bin dann 24/7 allein, das ist nicht gut für Kopf und Seele

Neben dem ganz persönlichen GAU, der das für mich wird, fühle ich mich auch komplett übersehen. Als würde es mich in der aktuellen Situation überhaupt nicht geben. 

Ich respektiere, dass Familien, Schulen, Kitas, Ärzte, Erkrankte im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Ich habe auch lange die vielen Widersprüchlichkeiten der Corona-Regeln respektiert. Und ich ahne, dass dem ein oder anderen meine Klage wie ein Luxusproblem vorkommt - kann aber versichern, das ist es nicht. Und darum habe ich allmählich das Gefühl: Das geht zu weit.

Seit einem Jahr arbeite ich im Homeoffice und bin also den ganzen Tag alleine. Wenn ich jetzt auch abends niemand mehr OFFIZIELL treffen darf - bin ich 24 Stunden alleine. Neun bis zehn Stunden vorm Laptop, dann Online-Yoga und irgendwann nach einem Telefonat oder zwei noch eine Serie anschauen. Das ist wirklich nicht gut für Kopf und Seele.

Ich möchte hiermit unseren Regierenden Bürgermeister an uns, an die Singles der Singles-Hauptstadt, erinnern und ihn aufrufen, dafür zu sorgen, dass auch Singles sich zwischen 21 und fünf Uhr zumindest mit einer Person zurzeit treffen dürfen? Meinetwegen mit Schnelltest, den wir sowieso schon oft machen? P.S.: Natürlich könnte ich meine Freunde auch verbotenerweise treffen, aber das ist kein gutes Gefühl.

Sabine Wilms

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