Demonstrationen in der City-West: Al-Quds-Marsch und Gegendemos bleiben "weitgehend störungsfrei"
Der antisemitische Al-Quds-Marsch zog mit 1200 Teilnehmern über den Ku'damm. Bei den Gegendemos ließ sich auch Innensenator Andreas Geisel blicken.
Blauer Himmel, Hitze, sommerlicher Einkaufstrubel rund um Ku'damm, Kant- und Wilmersdorfer Straße - und dazwischen emotional aufgeladene pro- und antiisraelische Demos, deren konträre Teilnehmer unbedingt voneinander ferngehalten werden mussten: Ein schwieriger Job in der West-City für die Berliner Polizei am Samstagnachmittag. Doch in einer ersten Bilanz nach Ende der Demos gegen 18 Uhr heißt es bei der Polizei, alles sei "weitgehend störungsfrei" verlaufen.
Ab 14 Uhr setzte sich am Adenauerplatz der jährliche "Al-Quds-Marsch" von Islamisten und Antisemiten in Bewegung. Gleichfalls in Charlottenburg versammelten sich um 12 Uhr und später ab 15.30 Uhr zwei Gegendemonstrationen. Nach Angaben der Polizei verlief alles friedlich.
Antifaschistisches Bündnis zog in Charlottenburg zuerst los
Zuallererst kamen etwa 400 Teilnehmer des "Antifaschistischen Berliner Bündnisses gegen den Al-Quds-Marsch" an der Ecke Wilmersdorfer Straße / Kantstraße zusammen und zogen von dort zum Kurfürstendamm. Knapp vier Stunden später begann dann die zweite, erheblich größere Gegendemonstration für Solidarität und gegen Antisemitismus am George-Grosz-Platz.
Ein breites Bündnis aus Parteien, Bürgerinitiativen und politischen Gruppen hatte dazu aufgerufen, 1000 Teilnehmer kamen. Zu den Unterstützern gehören unter anderem die Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Brandenburg, das Jüdische Forum, der Lesben- und Schwulenverband, das American Jewish Committee Berlin sowie der Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung Felix Klein. Das Motto lautet: "Kein Islamismus und Antisemitismus in Berlin - Gegen den Al-Quds-Marsch." Bei der Kundgebung sprach unter anderem der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff.
Senator sieht keine rechtliche Chance zum Verbot
Auch Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) stand auf der Bühne. Bereits am Freitag hatte er erklärt, der Al-Quds-Marsch sei "eine der widerlichsten Versammlungen, die es in Berlin gibt". Gleichwohl sah er im Vorfeld keinerlei rechtliche Möglichkeiten, den seit vielen Jahren äußerst umstrittenen Umzug zu verbieten.
Gegenüber dem Tagesspiegel sagte er, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut. Es sei zwar unzweifelhaft, dass die Teilnehmer antisemitischen Hass verbreiten würden und das Existenzrecht Israels in Frage stellten. So lange das aber nicht deutlich geäußert werde, reichten die Beweise nicht aus, um ein gerichtsfestes Verbot zu erlassen.
Wie in den vergangenen Jahre wurden für den Al-Quds-Umzug strenge Auflagen erteilt. Verbrennen von Objekten oder Fahnen war verboten, ebenfalls das Skandieren israelfeindlicher Parolen oder von Sprüchen, mit denen die libanesische Schiiten-Organisation Hisbollah unterstützt wird. Alle Auflagen der Polizei sind am Sonnabend vom Berliner Verwaltungsgericht bestätigt worden.
Am Rande des Umzuges verschärfte Geisel dann aber seinen Ton. Wenn die Hisbollah künftig in Deutschland insgesamt als Terrororganisation verboten würde, ergebe sich dadurch eine weitaus bessere juristische Möglichkeit, auch den Al-Quds-Marsch gerichtsfest zu untersagen. Für ein solches Verbot will sich Berlins Innensenator nun bei den Verfassungsschutzbehörden auf Landes- und Bundesebene einsetzen. Bisher wird nur der militärische Arm der Hisbollah - die Hisbollah-Miliz - EU-weit als Terrororganisation eingestuft.
Die Auflagen des Marsches wurden strikt kontrolliert
Am Adenauerplatz hatten sich 1200 Teilnehmer des Al Quds-Marsches versammelt, angemeldet hatten die Veranstalter bis zu 2000 Demonstranten. Bislang musste die Polizei nach eigenen Angaben nur einmal wegen eines Verstoßes gegen die Auflagen eingreifen. Ein Teilnehmer hatte "Israel - Kindermörder" gerufen. Er sei umgehend verwarnt worden, heißt es. Nur einmal begegneten sich Al-Quds-Teilnehmer und Gegendemonstranten in Sichtweite – und zwar gegen 17 Uhr am George-Grosz-Platz – dazwischen schwerbewaffnete Polizisten. Es wurde laut gerufen, auf beiden Seiten.
Der Al-Quds-Tag ist nach dem arabischen Namen für Jerusalem (al-Quds) benannt. In der Islamischen Republik Iran gilt er als gesetzlicher Feiertag und wird zu staatlich organisierten Massendemonstrationen gegen Israel genutzt. Dabei wird die "Befreiung Jerusalems" von den jüdischen Besatzern gefordert, verbunden mit Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel.