Prominenz im Provisorium: Akademie des Jüdischen Museums feierlich eröffnet
In der neuen - noch nicht fertigen - Akademie des Jüdischen Museums wurde am Samstagabend der Preis für Verständigung und Toleranz verliehen: an Richard von Weizsäcker und Klaus Mangold. Auch der Gaza-Konflikt war hier Thema.
Ein Hauch von Baustelle verleiht einem Festakt erst Berliner Charme. Für die alltägliche Arbeit wird die neue Akademie des Jüdischen Museums erst Anfang des neuen Jahres voll funktionsfähig sein. Zum Feiern und zur feierlichen Eröffnung mit einem Festakt zur Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz reichte es aber auch am Samstagabend schon. „Verzögerungen sind wohl eine unausbleibliche Begleiterscheinung größerer Bauten“, sagte Museumsdirektor Michael Blumenthal unter dem Gelächter der Gäste. „Wenn Sie im Januar oder Februar wiederkommen, ist alles fertig.“
Dass man mit Stoffbahnen und Auslegeware ein elegant-urbanes Ambiente zaubern kann, wissen Gäste, die schon im letzten Jahr dabei waren, als der Preis aus Anlass des zehnjährigen Museumsjubiläums ebenfalls in der früheren Kreuzberger Blumengroßmarkthalle verliehen wurde.
Mit Bundespräsident Joachim Gauck, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Staatsminister Bernd Neumann und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit an der Spitze war eine illustre Gästeschar gekommen. Wowereit sprach wohl für viele, die derzeit besorgt nach Israel blickten: „Auch von diesem Abend geht ein Appell an die Vernunft der Verantwortlichen, alles zu tun, damit Frieden herrscht.“
Direktor Michael Blumenthal überreicht den Preis traditionell an Persönlichkeiten, die sich für kritische Aufklärung über Antisemitismus und Rassismus, für Integration und den Dialog zwischen Kulturen und Religionen engagieren. Richard von Weizsäcker soll den Preis bekommen, weil er den 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“ bezeichnet hat und so das Geschichtsbild der Deutschen änderte. Andere Perspektiven einzunehmen und den Dialog zu fördern, seien Anliegen, denen er immer treu geblieben sei, hieß es in Laudatio des Historikers Heinrich August Winkler. Als der ehemalige Bundespräsident danach auf die Bühne trat, gab es stehende Ovationen. In seiner Dankesrede ging von Weizsäcker auch auf die aktuellen Ereignisse ein. „Diese Raketenangriffe auf Israel sind unerträglich“, sagte er.
Die Ehrenrede auf den Industriemanager Klaus Mangold, der mit wirtschaftlichem Engagement Brücken zwischen Staaten gebaut und maßgeblich zum internationalen Renommee des Jüdischen Museums beigetragen habe, hielt Bankier David de Rothschild: „Als Brückenbauer ist er ein Virtuose“, lobte er Mangold.
Zur Finanzierung der Akademie gab der Bund 7,5 Millionen Euro. Hinzu kamen private Spenden, so drei Millionen Dollar des jüdischen Emigranten Eric F. Ross, nach dem das Gebäude benannt ist. Sein Sohn Pete war auch gekommen.
Der Entwurf des Architekten Daniel Libeskind, der ebenfalls bei der Eröffnung sprach, trägt den Titel „Zwischenräume“. Zwischen drei Kuben, die den Eingangsbereich, die Bibliothek und einen Veranstaltungsraum markieren, ergeben sich Durchblicke auf das eigentliche Museum auf der anderen Straßenseite. Blumenthal erinnerte daran, dass man bei der Eröffnung des Museums 2001 von 150 000 bis 200 000 Besuchern jährlich ausging. Inzwischen kommen 750 000 Besucher im Jahr. 75 Prozent davon seien Ausländer, die Hälfte davon unter 30 Jahre alt.
Ein Garten der Diaspora mit einer Vielfalt an Pflanzen auf vier Hochplateaus wird neben der öffentlichen Bibliothek zu den besonderen Attraktionen der Akademie gehören – Lern-, Anschauungsort und Raum der Reflexion. Ist der Bau erst betriebsfähig, wird dort neben dem Archiv und der Museumspädagogik auch die öffentliche Bibliothek untergebracht sein. An diesem Abend ersetzten noch Licht-Installationen die Bücher.
Noch hätten viele Bürger Vorurteile gegenüber Einwanderern, sagte Michael Blumenthal. „Die Einbürgerung erfolgt nicht leicht und nicht von selbst“, begründet er den künftigen Arbeitsschwerpunkt Integration von Migranten. Interkulturelle Bildung in einer heterogenen Gesellschaft sei aber extrem wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
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