Umstrittener Umzug: Abschied als Schlossherr
Die Entscheidung von Tierparkchef Bernhard Blaszkiewitz, Büros im Schloss Friedrichsfelde zu beziehen, stößt auf Kritik und beschäftigt sogar die Gerichte.
Am Dienstag fuhren vor dem Schloss Friedrichsfelde die ersten Umzugswagen vor und luden Kisten aus. Die wissenschaftliche Abteilung des Tierparks zieht in diesen Tagen aus ihrem bisherigen Verwaltungsgebäude ins Schloss, und auch Tierpark- und Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz erhält dort sein Büro. Obwohl es seit Jahren eine Vereinbarung zwischen Berlin und dem Tierpark gibt, dass dessen Verwaltung Teile des Schlosses nutzen wird, kommt der Zeitpunkt überraschend – zumal Blaszkiewitz nur noch wenige Monate im Amt sein wird.
Gleich zwei Gerichte werden sich mit dem Vorgang befassen. Am Freitag wird vor dem Arbeitsgericht zunächst über eine Klage des Betriebsrats verhandelt, der dem Tierparkchef vorwirft, ihn nicht ausreichend informiert und die Mitbestimmungsrechte missachtet zu haben. Der Förderverein von Zoo und Tierpark, der bereits im Schloss sitzt, klagt vor dem Landgericht, weil er befürchtet, dass er seine Veranstaltungen aufgrund des Umzugs der anderen Abteilungen nicht mehr wie bisher durchführen kann. Bisher habe der Förderverein Ausgaben in Höhe von 127 000 Euro für den Tierpark übernommen. Man könne noch nicht sagen, wie hoch die Einbußen sein werden, wenn durch den Umzug die Veranstaltungen beschränkt werden, sagte Thomas Ziolko vom Förderverein. Man sei nach wie vor an einer einvernehmlichen Lösung zugunsten des Tierparks interessiert. Geplante Veranstaltungen im Schloss sind etwa am Mittwoch eine große Feier des Modemachers Harald Glööckler, der Schauspielerinnen-Abend „Erlkönigs Töchter – Märchen und Balladen“ am 3. November, der Schloss-Ball am 8. und „Wunderkinder am Klavier und an der Violine“ am 9. November. Sie alle zahlen Miete, die wiederum dem Tierpark zugute kommt. Auch Hochzeitsfeiern können im Schloss abgehalten werden.
Bereits vor einigen Jahren, als bekannt wurde, dass die Tierparkverwaltung das Schloss nutzen soll, gab es hitzige Diskussionen. Umgesetzt wurde die Vereinbarung jedoch jahrelang nicht. „Es sieht jetzt nach einer überhasteten Aktion aus, so als ob kurz vor dem Ausscheiden noch Fakten geschaffen werden sollen“, sagte Daniel Buchholz, Tierschutz-Experte der SPD-Fraktion. Und auch sein Kollege von der CDU-Fraktion Alexander Herrmann hält es für falsch, dass Blaszkiewitz noch derartige strukturelle Entscheidungen trifft. Ähnlich sieht es Claudia Hämmerling von den Grünen. Demgegenüber bleibt man in Aufsichtsratskreisen gelassen und verweist auf die Nutzungsvereinbarung mit dem Land Berlin. Diesen Vertrag nennt auch Zoo-Sprecherin Claudia Bienek als Grundlage für den Umzug.
Was sich der neue Zoo- und Tierparkchef Andreas Knieriem fürs Schloss Friedrichsfelde vorstellen kann, wird er möglicherweise bei seinem ersten Auftritt in Berlin am 5. November mitteilen. Nach Tagesspiegel-Informationen beginnt Knieriem voraussichtlich im ersten Quartal 2014 in Berlin. Der Vertrag mit Blaszkiewitz läuft Ende Juni aus. Bisher konnte sich der Aufsichtsrat nicht mit ihm über die Konditionen für ein früheres Ausscheiden einigen. Am heutigen Mittwoch befasst sich auch der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses mit den Zuschüssen für die zoologischen Einrichtungen. Derzeit erhalten Tierpark und Schloss mehr als sechs Millionen Euro. Die Tierpark-Verluste sollen weit höher sein als avisiert.
Sigrid Kneist, Annette Kögel