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Burkard Dregger ist Fraktionschef der Berliner CDU.
© Kai-Uwe Heinrich TSP

Berlins CDU-Fraktionschef Dregger: "90 Prozent der afrikanischen Staaten sind sicher"

Deutschland leiste sich eine kostspielige "Asylwirtschaft", sagt Berlins CDU-Fraktionschef Dregger - und kritisiert den Regierenden Bürgermeister.

Herr Dregger, am Freitag soll der Bundesrat über die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer abstimmen, Berlin wird sich enthalten. Ein Fehler?

Es wäre wünschenswert, wenn der rot-rot-grüne Senat endlich in der Realität ankäme. Nicht nur die Maghreb-Staaten, 90 Prozent der afrikanischen Staaten sind sicher. Es gibt dort keine politische Verfolgung und keinen Bürgerkrieg.

Michael Müller sollte also gegen seine Koalitionspartner stimmen?

Ich fordere den Regierenden Bürgermeister dazu auf, endlich einmal Rückgrat zu beweisen. Er muss die Vernunft durchsetzen. Ich erwarte von ihm, dass er die Interessen Deutschlands, Berlins und der Betroffenen im Auge hat.

Linke und Grüne argumentieren auch mit den Interessen der Betroffenen…

Diese Menschen verlassen ihre Heimat in der Regel gesund und leistungsfähig. Dann werden sie von Schleppern ausgeraubt, vergewaltigt, geschlagen, ausgebeutet und sterben auf seeuntüchtigen Booten. Wer es nach Europa schafft, kommt nicht selten von der Reise traumatisiert hier an. Hier hängt er jahrelang in perspektivlosen Asylverfahren. 90 Prozent der Asylanträge haben keinen Erfolg. So darf es nicht weitergehen!

Woher wissen Sie, wie die Lage vor Ort tatsächlich ist?

Ich war vor Kurzem eine Woche lang im Senegal und in Mali, um mich als Berliner CDU-Politiker vor Ort über Fluchtursachen zu informieren. Dabei erfuhr ich: zehn Prozent der dortigen Einkommen sind Überweisungen aus Europa. Familien sammeln Geld, um über Schlepper ein Familienmitglied nach Europa zu bringen. Das muss dann Einkommen an die Familie zurück überweisen. Die Menschen dort betrachten sich selbst nicht als Flüchtlinge.

Was tun?

Wir müssen die Ursachen der Migration bekämpfen, nicht die Symptome. Es ist doch völlig sinnlos, jährlich Zehntausende Migranten durch langwierige und aussichtslose Asylverfahren zu schleusen. Bedenken wir, wie aufwändig die Registrierung, Unterbringung, ärztliche und sonstige Versorgung der derzeit jährlich 40.000 afrikanischen Asylbewerber in Deutschland ist, ebenso die Asylverfahren und anschließenden Gerichtsverfahren sowie Folgeverfahren. Wir leisten uns derzeit ein völlig ineffizientes Zuwanderungsverfahren und eine kostenintensive Asylwirtschaft, die keinem hilft, am wenigsten den afrikanischen Migranten.

Was Sie beschreiben sind die Kosten des Grundrechts auf Asyl, oder?

Ich will das Grundrecht auf Asyl nicht antasten. Es gibt ja auch Asylberechtigte. Dennoch ist das System, so wie es im Moment läuft, zutiefst inhuman. Als politisch Verantwortliche müssen wir hier zu steuern versuchen.

Wie?

Indem wir mittels eines vernetzten Ansatzes den afrikanischen Staaten gemeinsam die Ursachen für Migration nach Europa stoppen. Er besteht aus militärischer Zusammenarbeit, wie sie die Bundeswehr derzeit in Mali vorbildlich leistet. Es geht um die Unterstützung beruflicher Selbständigkeit in der Landwirtschaft, im Handwerk, in Dienstleistungen, im Aufbau von Verwaltung. Hier erwarte ich mehr Unterstützung des Berliner Senats. Außerdem brauchen wir Rückkehrprogramme aus dem Maghreb. Ich habe im Senegal eine Initiative von Müttern, besucht, die ihre Kinder auf dem Mittelmeer verloren haben. Die sagen ihnen genau das in nicht zu übertreffender Klarheit. Ihnen sollte Gehör geschenkt werden.

Aus Berliner Perspektive: Was können Sie, was können andere tun?

Berlin hat eine wichtige Stimme in der Diskussion zu Migration und Flucht. Der Senat ruft ja bei jeder Gelegenheit hier, wenn es darum geht, Menschen von den Booten im Mittelmeer aufzunehmen. Unser Ziel muss es sein, vor Ort Perspektiven zu schaffen und die Menschen davon abzuhalten, ihr Leben zu riskieren. Über Patenschaften und die Unterstützung lokaler Initiativen ist das möglich.

Sie hätten die Menschen also nicht aufgenommen?

Wenn Menschen in Not sind, werden wir sie aufnehmen, das steht völlig außer Frage. Politik ist aber mehr als ein paar Mal Nothilfe zu leisten. Sie muss vorausschauend und nachhaltig sein. Sie muss bei den Ursachen ansetzen, nicht bei den Symptomen. Eine vernünftige Zusammenarbeit mit Organisationen vor Ort kann dazu etwas beitragen, auch von Berlin aus.

Wie lautet der Kurs der CDU?

Wir vertreten in der radikalisierten Debatte über Flucht und Migration den Kurs der Vernunft. Wir wollen den Menschen nachhaltig helfen, sie nicht auf unsicheren Booten im Mittelmeer versinken sehen. Die Zukunft liegt in ihren Heimatländern, die Lage dort ist ermutigend. Unsere Entwicklungsarbeit, auch die Arbeit der Bundeswehr, zeigt Erfolge. Sie wollen wir optimieren mit einem klaren Kurs der Zusammenarbeit.

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Robert Kiesel

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