Verkaufsoffener Sonntag in Berlin: 7000 Läden hoffen aufs große Adventsgeschäft
Verkaufsoffen sind nur spezielle Sonntage – wie der heutige zweite Advent. Die Regeln sind merkwürdig, das Geschäft lohnt sich.
Dieser Sonntag ist verkaufsoffen – und unverdächtig. Das ist nicht selbstverständlich, wie ein Rückblick auf seine diesjährigen Artgenossen zeigt: Eine Sonntagsöffnung im Oktober wurde auf dem Hauptstadtportal berlin.de mit dem „Festival of Lights“ und beim Handelsverband unter anderem mit der Messe „Boot & Fun“ begründet. Kleiner Schönheitsfehler: Das Lichterfest war schon eine Woche vorher zu Ende, und die Bootsmesse fand erst einen Monat später statt.
Als Begründung für den aktuellen Verkaufssonntag dienen die rund 50 Berliner Weihnachtsmärkte. „Das gibt’s in Europa nicht noch mal“, sagt Nils Busch-Petersen. Der Hauptgeschäftsführer des Berlin-Brandenburger Handelsverbandes weiß sogar von einem Plagiat aus Manchester zu berichten. Der zweite Advent könne der umsatzstärkste Sonntag im Jahr sein, sofern nicht doch der vierte das Rennen mache.
In zwei Wochen sind die Läden wieder geöffnet; Begründung ist neben den Weihnachtsmärkten dann auch das Louis-Lewandowski-Festival synagogaler Musik. Das werde in diesem Jahr noch großartiger als zuvor, sagt Busch-Petersen. Er schwärmt von der „Verschränkung von Progression und Passion“ in schönster Form. Also viel mehr als ein Alibi für den Konsum. Was maßgeblich daran liegt, dass viele Einzelhändler das Fest sponsern, sodass es in seinem fünften Jahr mehr denn je ein echter Anlass ist und nicht nur ein Vorwand.
Am 4. Advent tragen vor allem die Lebensmittel zum Umsatz bei. Wobei der Termin zu früh liegt, um beispielsweise frischen Fisch für die Feiertage zu bunkern. Die liegen in diesem Jahr einkaufstechnisch etwas speziell: Auf die beiden Weihnachtsfeiertage folgt wiederum ein Sonntag. An dem dürfen die Läden, die am 20. offen hatten, aber nicht schon wieder öffnen. So ergeben sich dreieinhalb Schließtage – und die Empfehlung, für Lebensmitteleinkäufe am Vormittag des Heiligabend mindestens viel Zeit und möglicherweise sogar Protektoren für empfindliche Körperteile einzuplanen, denn das Gedränge dürfte heftig werden.
Wer am 27. öffnen will, braucht einen Anlass – es muss kein weltbewegender sein – und muss das Vorhaben beim Bezirksamt anmelden. „Das könnte für Nahversorger in einem guten Kiez ein Knüllertag werden“, sagt Busch-Petersen.
Nach Feierabend kann die Familie entspannter testen
Über die Jahre hätten sich die Verkaufssonntage nach anfänglicher Zurückhaltung zu enormen Umsatzbringern entwickelt: Nicht, weil die Massen die Läden stürmen, sondern weil die großen Entscheidungen getroffen werden. Das neue Sofa oder der Riesenfernseher lässt sich am Sonntag in der Familie eben entspannter testen als nach Feierabend allein. Denen, die es nicht glauben, begegnet der Verband mit einem Gutachten: Das Geld am Sonntag kommt demnach zusätzlich rein und wird nicht nur von den Werktagen abgezogen.
Online sei der Sonntag längst „mit Riesenabstand der stärkste Tag“, sagt Busch- Petersen. Mit den jährlich acht erlaubten Sonntagsöffnungen habe auch der stationäre Einzelhandel die Chance, von der Kauflaune zu profitieren. „Das Fernziel heißt: Wir brauchen keine Regulierung, sondern schaffen das schon selber“, sagt der Verbandschef. In der Gastronomie mit ihrem obendrein teils sehr bescheiden bezahlten Personal komme ja auch niemand auf die Idee, die Sonntagsarbeit infrage zustellen. Und international sei Berlin mit seinen acht Verkaufssonntagen eher zurückhaltend: Die Konkurrenz – Madrid, Rom, Barcelona – habe ihre Regelungen noch weiter gelockert oder sei – Paris, London – dabei.
Die Verkaufssonntage für 2016 stehen bereits fest. Anlässe sind die Grüne Woche (24.1.), die ITB (13.3.), das Theatertreffen (22.5.), die IFA (4.9.), das Lichterfest (16.10.), das Jazzfest (6.11.) und wieder die Weihnachtsmärkte (4.12.) sowie das Louis-Lewandowski-Festival (18.12. 2016).
Man könnte auch sagen: Irgendwas ist immer. Man muss es nur wollen.
Wer öffnet wann?
Alle Geschäfte dürfen am Sonntag von 13 bis 20 Uhr öffnen. Nach Schätzung des Handelsverbands machen mehr als 7000 Händler mit. Alle Kaufhäuser und Shoppingcenter öffnen bis mindestens 18 Uhr. Hinzu kommen Möbelhäuser und Einrichtungsmärkte wie Möbel Höffner, Möbel Kraft und Ikea-Filialen sowie einige Supermärkte. Bis 19 Uhr machen das KaDeWe und das Eastgate auf. Bis 20 Uhr verkaufen Kaufhof am Alex, Kulturkaufhaus Dussmann, Potsdamer Platz Arkaden, Mall of Berlin,Gropius-Passagen, Neukölln Arcaden, Spandau Arcaden sowie Boulevard Berlin und „Das Schloss“ in Steglitz.
Was halten Sie von der Sonntagsöffnung? Ist die bisherige Regelung ausreichend, oder sollte der Sonntag ganz für den Verkauf freigegeben werden? Viele Diskussionsbeiträge dazu finden Sie unter diesem Link: www.tagesspiegel.de/themen/sonntagsöffnung
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