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Ausblick auf das neue Schuljahr: 3300 Eltern verschieben die Schulpflicht

Die frühe Schulpflicht stößt weiterhin auf Gegenwehr der Eltern. Nach Informationen des Tagesspiegel stellen immer mehr Eltern Anträge, um ihre schulpflichtigen Kinder noch ein Jahr in der in der Kita lassen zu können. Die Senatorin hat andere Sorgen.

Der Trend zur späteren Einschulung hält an: Schätzungsweise werden mehr als 3300 Kinder auf Antrag der Eltern noch ein Jahr in der Kita bleiben, anstatt nächste Woche die Schultüte in die Hand zu nehmen. Das ergab eine Umfrage des Tagesspiegels in den Bezirken. Rein rechnerisch entspricht diese Schülerzahl dem Umfang von zehn kleinen Grundschulen. Dennoch steigt die Gesamtschülerzahl in Berlin erstmals seit 1997 an, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Donnerstag bekannt gab.

Demnach wird es an allen öffentlichen Schulen 2013/14 rund 330 000 Schüler geben, 3800 mehr als im Vorjahr. Da diese Tendenz anhält, wird in dieser Legislaturperiode soviel gebaut wie seit langem nicht mehr: Für eine Vielzahl neuer Schulbauten hat die Bildungsverwaltung Investitionen von 580 Millionen Euro bis 2017 vorgesehen – „220 Millionen mehr als in der Legislatur zuvor“, wie Scheeres hervorhob. Darüberhinaus gibt es bis 2015 rund 25,7 Millionen Euro für mobile Unterrichtsräume. Vor allem Boombezirke wie Pankow sollen so in die Lage versetzt werden, den Schüleranstieg zu verkraften.

Das Ziel, in das neue Schuljahr mit voller Lehrerausstattung zu starten, hat Scheeres knapp verfehlt. Rund 70 der 1440 neu zu besetzenden Stellen sind zurzeit noch offen. Dennoch sprach Scheeres von einer „guten Bewerberlage" und betonte, dass rund ein Fünftel der neuen Lehrer aus anderen Bundesländern kommen und überwiegend keine Beamten sind. Zudem sei die Zahl der Lehrer gesunken, die einen Freistellungsantrag stellen, um Berlin leichter den Rücken kehren zu können, sagte Scheeres.

Zu den Besonderheiten des Schuljahres 2013/14 gehört, dass es ein „Frühwarnsystem“ geben soll, um Brennpunktschulen gezielt zu unterstützen, „bevor sie kippen“, wie Scheeres sich ausdrückte. Zusätzlich zu den Schulinspektionen, die nur alle fünf Jahre stattfinden, soll die Schulaufsicht Daten wie Abbrecher- oder Schwänzerquoten im Auge behalten, die über eine zunehmende Gefährung von Schulen Aufschluss geben. Dieses Frühwarnsystem wird ab 2014 ergänzt durch das von der SPD-Fraktion angeregte Brennpunktschulprogramm: Wie berichtet, bekommen über 200 Schulen in „schwierigen sozialen Lagen“ künftig pro Jahr 100 000 Euro zusätzlich für personelle Unterstützung. Neu ist auch ab 2014, dass die Eltern wesentlich mehr Geld für das Schulessen ausgeben müssen. Elterngremien und die Opposition warnen davor, dass viele Kinder deshalb vom Essen abgemeldet werden könnten.

Keine Angaben machte Scheeres über die Entwicklung der Rückstellungen von der Schulpflicht. Diese Zahlen würden erst im Herbst angefordert, sagte sie auf Anfrage. Nach Informationen des Tagesspiegel zeichnet sich jedoch ein starker Anstieg ab. So gibt es in Pankow aktuell 600 Rückstellungen von Erstklässlern – 2012 waren es noch 385. In Tempelhof-Schöneberg bleiben über 380 Kinder ein weiteres Jahr in der Kita (2012: 200). In Mitte steigt die Zahl von 200 auf über 300, in Steglitz-Zehlendorf von 180 auf 230, in Reinickendorf von 160 auf 240, in Marzahn von rund 265 auf 340. Selbst wenn die Zahlen in den anderen sechs Bezirken nicht steigen, sondern stagnieren, käme Berlin auf insgesamt über 3300 Rückstellungen gegenüber 2680 im Vorjahr.

Susanne Vieth-Entus

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