Saubere Spree: 275 Millionen Euro fürs Berliner Abwasser
Die Berliner Wasserbetriebe erweitern und sanieren das Klärwerk Waßmannsdorf bei Schönefeld. Davon soll auch die Spree profitieren.
Waßmannsdorf - Das Wappen von Waßmannsdorf zeigt einen Storch auf dem Kirchendach vor orange-gelbem Hintergrund. Aber das Wahrzeichen des Ortes ist – wohl oder übel – das Klärwerk, nur je zwei Kilometer entfernt von Lichtenrade, Rudow und der Landebahn des Flughafens. Im Schönefelder Ortsteil Waßmannsdorf wird das Abwasser von rund 1,2 Millionen Berlinern und 120 000 Brandenburgern gereinigt. Es ist nach dem in Ruhleben das zweitgrößte Klärwerk der Region. Bis 2024 wird die Anlage für rund 275 Millionen Euro modernisiert und erweitert.
Eine Investition dieser Größenordnung haben Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) nicht alle Tage zu verkünden. Am Montag taten sie gemeinsam mit Jörg Simon, dem Vorstandschef der Berliner Wasserbetriebe (BWB), den symbolischen Spatenstich für das Vorhaben.
Gebaut wird zum einen ein Speicher, der bei starkem Regen bis zu 50 000 Kubikmeter Mischwasser – also Regenwasser plus Abwässer von innerstädtischen Berliner Haushalten – auffangen und kontrolliert ans Klärwerk abgeben kann, damit es nicht mehr wie bisher in die Spree geleitet werden muss und dann zwischen Innenstadt und Wannsee die Algen wachsen und die Fische nach Luft schnappen lässt. Die Kapazität entspricht 20 olympischen Schwimmbecken – und macht den neuen Speicher zum weitaus größten Einzelposten in der langen Liste der Mischwasserspeicher, die die Wasserbetriebe an vielen Stellen in der Stadt bauen. 157 Millionen Euro lassen sich Land und Unternehmen das 1998 gestartete Projekt kosten, das bis 2020 läuft.
Zum anderen werden in Waßmannsdorf zwei zusätzliche Reinigungslinien errichtet, um größere Abwassermengen zu bewältigen. Diese bestehen aus jeweils mehreren Becken. Geplant waren sie schon in den 1990ern zu Zeiten der allzu optimistischen Bevölkerungsprognosen kurz nach der Wende. Jetzt wird der Bau nachgeholt und mit einer Anlage zur Behandlung des anfallenden Klärschlamms komplettiert.
Neben festen Bestandteilen enthält Abwasser vor allem Stickstoff und Phosphor, die beide als unerwünschte Dünger wirken. Der Abbau von Stickstoff wurde nach Angaben der Wasserbetriebe bereits durch einen Umbau der Klärwerksbecken 2012 bis 2016 verbessert. Künftig soll außerdem das Phosphor fast komplett herausgeholt werden. Bisher gelingt das zu 97 Prozent, künftig sollen es deutlich über 99 Prozent sein. Nach der herkömmlichen Klärung werden dem Wasser dann Eisensalze zugegeben, sodass die gelösten Phosphate ausflocken und in Sandfiltern hängen bleiben. Diese Filter werden dann gespült und das Spülwasser erneut geklärt.
Diese weiter gehende Abwasserklärung läuft in der Branche unter dem Oberbegriff „Vierte Reinigungsstufe“, in die auch die Berliner Wasserbetriebe massiv investieren. In fünf ihrer sechs Klärwerke haben die BWB dabei die Phosphor-Entfernung im Fokus, die den Gewässern unerwünschte Nährstoffzufuhr ersparen soll. Die Ausnahme ist das Klärwerk Schönerlinde im Norden, in dem – nach jahrelanger vorbereitender Forschung – auch Spurenstoffe entfernt werden sollen. Dazu zählen beispielsweise künstliche Süßungsmittel, Reiniger und Medikamentenrückstände. Diese erst mit der modernen Zivilisation aufgekommenen Stoffe gelten zwar nicht als akut problematisch, aber können es auf lange Sicht werden, weil sie in der Natur nicht abgebaut werden und sich allmählich im Grundwasser anreichern können. Das ist in Berlin umso bedeutsamer, als hier das gesamte Trinkwasser im Stadtgebiet und dem nahen Umland gewonnen wird. Bisher ist es so gut, dass es keine aufwendige Aufbereitung benötigt.