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Berlin: 2010, 2011, 2012, 2015, 2017, 2019 …

Eigentlich sollte TXL längst geschlossen sein. Stattdessen könnte der Flughafen für VIPs zum „Premiumstandort“ ausgebaut werden.

Die umstrittenen Pläne von Flughafenchef Hartmut Mehdorn zum Weiterbetrieb des Flughafens Tegel nehmen Gestalt an: Ab 2017 soll es dort 42 Flugbewegungen pro Stunde geben – genauso viele wie am BER, also im Durchschnitt alle 86 Sekunden ein Flugzeug. Der neue Flughafen in Schönefeld soll demnach vor allem den Verkehr von Billigfliegern und Linienmaschinen abwickeln, während die Terminals A und B in Tegel bis 2019 zum „Premiumstandort“ für Geschäftsflieger und Vips entwickelt werden sollen. So steht es in einem internen Strategiepapier des Managements, über das „Die Zeit“ berichtet. Nach Angaben der Zeitung, der die Dokumente vorliegen, stamme das Konzept vom Mai. Mehdorn hatte vor einigen Wochen die für 2017 und 2018 geplante Sanierung der Nordbahn Schönefelds als Argument für den Weiterbetrieb von Tegel genannt.

Laut Planfeststellungsbeschluss muss Tegel ein halbes Jahr nach Eröffnung des neuen Flughafens jedoch schließen. Aufsichtsratschef Matthias Platzeck (SPD), der am Donnerstag nach seinem Schlaganfall wieder die Amtsgeschäfte als Ministerpräsident Brandenburgs aufnahm, sagte dem Tagesspiegel: „Ich kann dazu im Moment nichts sagen.“ Und in der Berliner Senatskanzlei hieß es erneut: „Das Thema Tegel ist politisch entschieden – im Einvernehmen aller Eigentümer.“ 

Mehdorn hatte seine Pläne bislang immer als Denkanstoß bezeichnet. Allerdings lässt inzwischen auch der Berliner Senat durch ein Gutachten renommierter Verwaltungsrechtler prüfen, welche Optionen es für eine Offenhaltung gibt. Wie schon in einem Gutachten des Bundestages festgestellt, könnte die Sechsmonatsfrist aufgehoben werden. Nötig wäre eine Änderung der Genehmigung für den BER, der Landesplanung für Berlin und Brandenburg und von Senatsverfügungen von 2004 zum Widerruf der Betriebsgenehmigung für Tegel. Zudem wäre beim Weiterbetrieb ein eigenes Planfeststellungsverfahren für Tegel nötig, weil dann die 2007 erfundene „Lex Tegel“ im Lärmschutzgesetz ausläuft, wonach die strengen Regeln nicht für Flughäfen gelten, die binnen zehn Jahren schließen.

Das Strategiepapier widerspricht auch dem Bild vom Tempomacher Mehdorn: Demnach kommt ein Teilumzug erst 2015 infrage und nicht wie zuletzt angedeutet vielleicht schon in diesem Spätherbst 2013 oder im Frühjahr 2014. Auch sonst könne der BER nach neuesten Brandschutzplänen nicht vor Oktober 2015 vollständig in Betrieb gehen, weil die Aufarbeitung so lange dauert.

Offiziell dringt Mehdorn darauf, den neuen Hauptstadtflughafen schrittweise zu eröffnen und den Nordpier zum Jahresende in Betrieb zu nehmen. Möglich wäre nach Mehdorns Überlegungen der Betrieb mit zwei kleinen Fluggesellschaften und sechs oder acht Flugzeugen am Tag. „So können wir testen, wie etwa die Gepäckabfertigung, die Sicherheitskontrolle und die Feuerwehr funktionieren.“ Allerdings sind die Fluggesellschaften dagegen. Auch die Gesellschafter warnen vor den Kosten für einen Doppelbetrieb. Martin Delius (Piraten), der den BER- Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses leitet, nannte „weniger die Jahreszahlen als den Widerspruch zwischen öffentlichen und internen Aussagen beunruhigend“. Seit Mehdorns „unterirdischem“, weil flapsigem und mäßig informiertem Auftritt im Bauausschuss des Parlaments traue er dem Manager „alles zu“.

Probleme bereiten im BER weiter die Kabeltrassen. Deshalb scheint nach den neusten internen Erkenntnissen eine Eröffnung des Nordpiers zum Jahresende, wie Mehdorn es plant, unwahrscheinlich. Die aktuelle Mängelliste listet allein dort im Pier Nord 1524 Brandschutzmängel auf.

Die Flughafengesellschaft verwies am Donnerstag lediglich auf Mehdorns Äußerungen zu Wochenbeginn, wonach es bis zum Herbst einen neuen Zeitplan geben solle. Zum Weiterbetrieb in Tegel hatte Mehdorn jüngst gesagt, er leiste einen Diskussionsbeitrag, entscheiden werde die Politik. Allerdings gebe es keine Hauptstadt, die nur zwei Landebahnen habe. „Genau das wird bei uns aber der Fall sein, wenn der ganze Verkehr über BER abgewickelt wird.“ Man brauche eine dritte Bahn als Notfallreserve – und die befinde sich in Tegel.

Zudem will Mehdorn die kostentreibenden Ansprüche der Anwohner auf Schallschutz senken. Am Mittwoch reichte er Beschwerde gegen das Urteil des Oberverwaltungsgericht (OVG) zum strengen Schallschutz am BER ein. Damit löste er erneut breiten Unmut aus.

Platzeck sagte zu Mehdorns Vorgehen: Er bleibe bei seiner Meinung, die er auch klar in den Flughafengremien geäußert habe. Weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um den Schallschutz seien nicht zielführend. Das Gericht hatte Ende April erhebliche Nachbesserungen beim Lärmschutz für die Anwohner gefordert. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Dagegen reichte die Flughafengesellschaft am Mittwoch Beschwerde ein.

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