Flüchtlingsheim: 150 Neonazis marschierten in Hellersdorf auf - 700 Gegendemonstranten
Die NPD protestierte am Samstag erneut vor dem Flüchtlingsheim in Hellersdorf. Rund 700 linke Aktivisten hatten sich zur Gegendemo eingefunden. - darunter auch Renate Künast und Petra Pau.
Die rechtsextreme Partei NPD marschierte am Samstagnachmittag erneut in Hellersdorf auf. Gegen 16.30 Uhr hatten sich etwa 150 Neonazis auf dem Alice-Salomon-Platz versammelt, um gegen das vor einer Woche eröffnete Asylbewerberheim in der Carola-Neher-Straße zu protestieren. NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke sprach gegen 17 Uhr vor den versammelten Anhängern, weitere Rechtsextreme hielten Reden. Doch zahlenmäßig waren die Gegendemonstranten in der Überzahl. Laut Polizei hatten sich insgesamt 700 Menschen eingefunden, darunter auch Grünen-Politikerin Renate Künast, die wie viele andere in Richtung der Rechtsextremen mit einer Trillerpfeife pfiff. Auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) beteiligte sich am Protest. Die Polizei war mit 410 Beamten im Einsatz, um Gegner und Befürworter des Heims zu trennen.
Die Neonazis traten sehr aggressiv auf, brüllten Parolen gegen Kinderschänder und Ausländer. Unterstützt wurden sie von etwa zwei Dutzend 12- bis 16-Jährigen, die sich selbst als ausländerfeindliche Anwohner bezeichneten. Die Polizei hatte die Lage auch aufgrund der beidseitig auf der Hellersdorfer Straße aufgestellten Absperrgitter unter Kontrolle.
Es flogen auch Flaschen in Hellersdorf
Gegen 18 Uhr flogen am Rande der linken Demo einige Flaschen gegen Beamte. Die Polizei bestätigte das nicht, sprach von kleineren Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten, die man aber schnell unter Kontrolle hatte. Die Beamten nahmen etwa drei Dutzend Personen sowohl aus dem linken wie auch aus dem rechten Lager vorläufig fest. Während gegen Linke vor allem wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch ermittelt wird, müssen sich die Rechten wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten. Eine Person soll auch wieder den Hitlergruß gezeigt haben. Gegen 19 Uhr verließen die NPD-Mitglieder den Platz - nicht ohne Drohung. "Wir werden uns hier noch öfter sehen", kündigte Landeschef Schmidtke an.
Anzeige gegen ein NDP-Plakat
Nachdem die NPD-Demo schon aufgelöst war, eilten Polizisten noch mal zu den Rechtsextremen und konfiszierten Plakate mit der Aufschrift „Geld für die Oma statt für Roma und Sinti“. Zuvor hatte der Abgeordnete der Linkspartei, Hakan Tas, eine Anzeige gegen diese Plakate erstattet. Aus Sicht der Linken ist der Inhalt Volksverhetzung.
Kurz vor 20 Uhr kam es dann in der Lichtenberger Weitlingstraße zu einer halbstündigen Spontandemo von etwa 75 Rechten "gegen linke Gewalt". Anmelder der Demonstration mit etwa 75 Teilnehmern sei eine Privatperson gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Die Kundgebung blieb friedlich.
Seit Einzug der ersten Flüchtlinge am vergangenen Montag, hat es bereits mehrere Proteste wegen des Heims gegeben. Erst vergangenen Dienstag protestierten die Rechten in Hellersdorf, aber auch in Kreuzberg, Friedrichshain und Moabit.
Auch am Sonntag demonstrieren Verschwörungstheoretiker
Am Sonntag mobilisiert die linke Szene erneut gegen eine angeblich rechte Demo. Um 14 Uhr soll am Alexanderplatz der „Berliner Marsch gegen Chemtrails und Geoengineering“ starten. Dahinter versteckt sich eine weltweite Verschwörungstheorie, wonach über die Kondensstreifen von Flugzeugen Giftstoffe verteilt werden, um die „Weltbevölkerung radikal zu reduzieren“. Angeblich gibt es enge Verbindungen zwischen diesen Verschwörungstheoretikern und den rechtsextremistischen Reichsbürgern. Angemeldet bei der Polizei wurden 800 erwartete Teilnehmer.