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Ohne Fachsprache geht es nicht. Morteza Modaber (vorne) ist aus Afghanistan geflohen und macht zurzeit ein Praktikum bei der S-Bahn.
© imago/Jens Jeske

Die Berliner Verwaltung und ein Sprachkurs: 147 Mal gerührt, nichts passiert

Auf sie richtet sich die Hoffnung: Geflüchtete, die es in den Arbeitsmarkt schaffen. Unternehmen wollten Hürden abräumen - und scheiterten grandios an der Berliner Verwaltung.

Die Sache klang einfach: Ein paar geflüchtete Azubis brauchten Unterstützung. „Wir haben früh gesehen, dass die berufsspezifische Fachsprache nicht so einfach zu erlernen ist“, erinnert sich Eva Witzgall von der Personalabteilung der Bayer AG. Das war im Frühjahr 2017. Man wollte verhindern, dass die Jugendlichen scheitern, dass sie verloren gehen und zwar gerade die guten, die es bis in die Ausbildung geschafft hatten. Geld vom Bund wurde zugesagt, ein freier Träger für einen Sprachkurs wurde gefunden. Und dann – nichts mehr.

Scheeres verspricht Aufklärung

Ein knappes Jahr später steht Eva Witzgall auf. Es ist die Fragerunde beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der Industrie- und Handelskammer, das am Freitag stattfand. Zu Gast ist Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Sie hat gerade vorgetragen, was sie alles geschafft hat in ihren über sechs Amtsjahren. Jetzt sitzt sie neben IHK-Geschäftsführer Jan Eder und nimmt Fragen entgegen. Witzgall erzählt, dass es ein Jahr lang nicht gelungen sei, den Sprachkurs zu starten. Dass große Betriebe vielleicht Unterstützung leisten könnten, kleine aber nicht. Eder fragt: „Woran ist es gescheitert?“ Witzgall sagt: „Wir wissen es nicht.“ Scheeres verspricht Aufklärung.

Die aber ist offenbar nicht so leicht zu bekommen. Auf eine Anfrage des Tagesspiegels zu den Ursachen der Verzögerung gab es bis Freitagabend keine Antwort. Von der IHK ist aber zu erfahren, dass die Interessengruppe Geflüchteter – ein Zusammenschluss von 16 Berliner Unternehmen von Bayer AG bis Siemens, von der BVG bis zur GASAG – die Notwendigkeit für eine gezielte Zusatzunterstützung in Sachen Berufs- und Fachsprache sah. Dass ein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bezahlter Kurs im Lichtenberger Oberstufenzentrum (OSZ) Friedrich-List durch einen freien Träger angeboten werden sollte.

Es wurden 20 Dokumente ausgetauscht

Und dann? Dann gab es nach Angaben der Interessengruppe „147 Kontakte, also Mails, Telefonate und Treffen“. Es seien 20 Dokumente und Schreiben ausgetauscht worden. Ab und an wurden Hemmnisse angedeutet. Es sei um „Versicherungsfragen“ gegangen, wurde gemutmaßt, um die Konditionen für die Raumnutzung. Aber nichts ließ sich richtig fassen. Herauszulesen war nur, dass es ein Problem sein könnte, den Kurs in einer öffentlichen Berufsschule anzubieten. Daran aber wollte die Interessengruppe gern festhalten: „Aus unserer Sicht ist es am erfolgversprechendsten und sinnvollsten, wenn die Kurse nach dem normalen Unterricht vor Ort am OSZ angeboten werden. Sonst müssten die Jugendlichen, die es ohnehin schon schwer haben, neben Ausbildungsstelle und Berufsschule noch zu einem dritten Lernort irgendwo in der Stadt fahren. Das haben wir auch seit Beginn der Gespräche immer wieder deutlich gemacht“, erläutert Heike al-Habash, IHK- Bereichsleiterin Ausbildungsberatung.

"Prozess einer Lösungsfindung"

Jetzt aber scheint Bewegung in die Sache zu kommen: „Wir werden kurzfristig eine Lösung finden, dazu wird am Montag ein Gespräch mit den Beteiligten stattfinden“, kündigte Scheeres’ Sprecherin Beate Stoffers am Freitagnachmittag an. Die Friedrich-List-Schule unterstütze den „Prozess einer Lösungsfindung – aktuell auch im angestrebten Verbund mit anderen Schulen – vollumfänglich“. 18 Schüler könnten dann starten.

Ein Genosse ärgert sich

Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) schrieb dazu auf Twitter, er habe "die Notwendigkeit von Qualifizierung in Sachen Fachsprache" vor über drei Jahren in einem Workshop der Agentur für Arbeit und danach "immer wieder zu Protokoll gegeben". Es sei "ärgerlich, dass auch die trivialsten Dinge nicht funktionieren".

Susanne Vieth-Entus

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